Eigentlich ist diese Überschrift nicht mein Fall. Die Boatboys und fahrenden Händler rufen dies jeder Yacht zu, die zu einem Liegeplatz einfährt, egal ob in Grenada, Saint Vincent oder Saint Lucia. Oftmals brettern sie mit ihren Aussenbordern weit entgegen und werden auch schon recht aufdringlich um gegen Entgelt eine Mooring-Leine hochzureichen. Dabei behindern sie aber eher den Rudergänger in seinem Manöver und vermiesen einem schon vor Ankunft die Stimmung. Sei’s drum, nachdem man diese überfallartig anschwirrende Horde freundlich, aber bestimmt abgewiesen hat, kann der Genuss anfangen!
Grenada – Mainland
Nach der Überfahrt von Barbados verbrachten wir erst mal Weihnachten und Silvester im Süden von Grenada. Die meiste Zeit lagen wir vor Anker in der Clark’s Court Bay nahe der Marina, wo es ruhig und sicher war, aber auch nicht übermässig voll. Einerseits erwarteten wir unseren Sohn David vor Silvester wieder an Bord, andererseits mussten wir den Generator als auch den Aussenborder einer Revision unterziehen. Allerdings waren die Werkstätten erst ab 2. Januar wieder geöffnet, sodass uns etwas Zeit blieb, die Hauptinsel zu erkunden.
Wir fuhren viel mit den Fahrrädern rum (auch wenn dies bei der Verkehrsdichte und dem Zustand der Strassen etwas mutig erscheint). Per Hitchhike kamen wir bis auf die Passhöhe mit dem Grand Etang hinauf, einem idyllischen Kratersee inmitten des Regenwaldes. Zu Fuss stiegen wir von dort auf den Mount QuaQua, allein schon wegen des Namens. Der Pfad war ausgesprochen schlammig, was aber wohl typisch für einen Regenwald sein wird. Mit den Rädern brausten wir dann die Passstrasse auf der Ostseite wieder hinunter bis nach Grenville und von dort dann mit dem Bus wieder zurück in unsere Ankerbucht.
Ein anderer Ausflug führte uns an der Westküste bis zu den oberen Concord Falls, die unseren schweisstreibenden Aufstieg mit einem kühlenden Bad belohnten. Wir erlebten Grenada als ausgesprochen freundlich. Am Neujahrstag trampten wir von einem Stadtrundgang in Saint George zu unserer Bucht zurück, da keine Busse fuhren. Da hielt ein grosser, glänzender Pickup und nahm uns freundlich mit. Nachdem wir uns als Schweizer vorgestellt hatten, meinte der Fahrer trocken, er sei vor kurzem auch in der Schweiz gewesen. Schliesslich stellte er sich als bekannter Hip Hop Musiker Holice Mapp aka «Mr Killa» heraus, der schon weltweit Auftritte hatte, unter anderem eben auch im Scala Wetzikon. Wir waren schlicht platt! Seine Videos zB. Fever sind auf Youtube, und jeder kannte und grüsste ihn, als er uns beim Steg wieder aussteigen liess.
Erfolgreiche Reparaturen
Unser Aussenborder streikte weiterhin mit nervtötender Regelmässigkeit. Während er morgens jeweils startete, versagt er abends meist den Dienst, sodass wir oftmals wieder aufs Schiff zurück rudern mussten. Nachdem ich mir aus dem Internet endlich ein Werkstatt-Handbuch von Yamaha besorgen konnte, versuchte ich mein Glück auf eigene Faust. Zerlegung und gründliche Reinigung des Vergasers, sowie später noch ein Austausch der Zündkerze lösten das Problem. Seither startet der Aussenborder nun wieder problemlos, meist beim ersten Anwerfen. Gleich am ersten Arbeitstag im neuen Jahr sah sich ein Mechaniker den Generator an und lokalisierte dank einer Druckpumpe gleich das Leck im Kühlkreislauf. Allerdings sollten wir auch noch die Einspritzdüsen revidieren lassen, da diese offenbar zu wenig Druck aufbauen und so der Diesel nicht optimal verbrennt. Allerdings verfügte der Mechaniker dort nicht über die erforderlichen Ersatzteile, sodass wir dies erst im März dann auf Tortola nachholen können. Aber zumindest läuft der Geni nun auch wieder dicht und zuverlässig.
Grenadinen – Schnorcheln der Extraklasse!
Auf dem Weg nach Norden nahmen wir uns vor, einige Plätze zu erkunden, zu denen es auf unseren bisherigen Chartertörns einfach nie gereicht hatte. So verbrachten wir fast jede Nacht in einer neuen Bucht oder vor einer anderen Insel und schnorchelten viel und ausgiebig. So kamen wir weg von den oftmals überfüllten Top Spots und fanden auch das eine oder andere Kleinod. Aber schliesslich haben erstere halt doch zu Recht ihren Ruf verdient. Die mit Abstand besten Sichtungen erlebten wir wie schon in früheren Jahren bei Sandy Island in Cariacou und in den Tobago Cays. Aber dazu musste auch die Sonne mitspielen, bei bedecktem Himmel fehlen unter Wasser die Farben, sowie der Tidenstrom, gegen den auch mit kräftigem Flossenschlag manchmal nicht anzukommen ist. Als Brigitt vor der Levera Beach nur eben die Strömung testen wollte, wurde sie innert kürzester Zeit kräftig abgetrieben und hätte es ohne fremde Hilfe nicht mehr zurück zum Schiff geschafft. Die Farbenpracht der Korallen (zumindest dort wo sie noch intakt sind) und die Vielzahl und Vielfalt an Fischen sind schlicht eine Augenweide. Die Sicht unter Wasser war meist sehr gut, mit wenigen Ausnahmen. Wenn die Verhältnisse es zuliessen, schnorchelten wir stundenlang um die Riffe herum.
Auf der Überfahrt von den Grenadinen nach Saint Vincent gelang uns erstmals auch wieder einen ernsthaften Fisch zu angeln. Zuvor hatte sich einer schon mal den Köder geholt, war aber wohl so schwer, dass er gleich den Haken verbog! Nun holten wir einen sicher 4-5kg schweren Baracuda raus, der dann gleich für zwei leckere Abendessen ausreichte. Zwar gilt dieser Raubfisch als potentieller Träger von Ciguaterra (eine leidige, nicht kurierbare Nervenvergiftung). Doch nachdem wir einige Tage zuvor vom Fischmarkt in Cariacou ein Stück Baracuda verspiesen hatten und in der Gegend aktuell keine Fälle von Ciguaterra bekannt sind, schien uns dieses Risiko vertretbar. So langsam werden wir vom Angeln angefixt und hoffen nun insbrünstig, auch einmal einen ansehnlichen Mahi Mahi herausziehen zu können.
Saint Lucia – Auf die Pitons!
Saint Lucia’s Wahrzeichen sind der Gros und Petit Piton, beide in etwa 750m hoch. Diese stehen sehr prominent an der SW-Küste und sind schon von weitem zu sehen, eigentlich bereits von der N-Küste von Saint Vincent. Zwischen den Pitons liegt auch ein sehr romantische Bucht mit einem Bojenfeld, in dem wir schliesslich zwei Nächte liegen. Die Mooring Fee von 20USD ist eigentlich unverschämt, aber diese Insel entwickelt sich immer mehr zum Luxusresort (umgeben von ärmsten Shantytowns).
Wir kennen bereits aus unseren früheren Chartertörns den Weg zum Petit Piton, und der ist schlicht spektakulär. Eigentlich steigt er praktisch in der Falllinie durch den Regenwald hinauf, wird immer steiler und verlangt an einigen Stellen auch ein wenig klettern. Lokale Guides haben im Überschwang Seile fixiert, die allerdings nicht über alle Zweifel erhaben sind (zumindest sah es dieses Jahr so aus, als handle es sich um dieselben, die auch schon vor 5 Jahren dort waren …). Mittlerweile wird von jedem Wanderer 5USD verlangt, jedoch ohne Guide gleich 20USD, was eigentlich unverschämt ist. Wir kommen schliesslich mit 5USD p.P. durch, da schliesslich auf meinem Rucksack ja immerhin auch «Guide» steht.
David reist schliesslich nach drei Wochen wieder zurück an die Arbeit, uns bleibt also noch etwas Zeit in Saint Lucia. Nachdem wir also schon drei Mal auf dem Petit Piton waren, mussten wir schlicht auch einmal auf den Gros Piton. Der Weg dort hinauf ist gut ausgebaut und führt in einem weiten Bogen zum Gipfel. Wir starten vom Schiff aus in der Anse des Pitons und stiegen die ersten 300hm bis zum Eingang des Nature Trail. Dort traf uns fast der Schlag, aber für den Weg wurde in der Tat eine Fee von 50USD p.P. erhoben, dafür bekam man einen Guide zugeteilt. Unser gutaussehender weiblicher Guide mit manikürten Fingernägeln und gelangweiltem Blick, der unablässig aufs Mobile gerichtet war, blieb nach einer halben Stunde am ersten Rastplatz sitzen und wünschte uns guten Aufstieg. Wir folgten also dem Weg und den weiteren Gruppen bis zum Gipfel. Dort waren wir als erstes bös enttäuscht, sah man doch nur nach S bis zum Flughafen in Vieux Fort, jedoch nicht hinüber zum Petit Piton. Ein Guide meinte, man sehe diese vom Gipfel nicht, doch dies kam mir seltsam vor. Nun, so suchten wir nach einem weiteren Weg und fanden schliesslich doch noch zum zweiten Aussichtspunkt mit Sicht nach N. Also wurden offenbar alle zahlenden Gäste schlicht betrogen, allein wir hatten das Glück dass unser Guide zurückblieb.
Karibisches Paradies – oder doch nicht für alle?
Wir waren immer wieder erschlagen von dem unglaublichen Protz und Reichtum, der in dieser Gegend zur Schau getragen wird.
In Port Saint Louis verbrachten wir eine Nacht in der Marina. Nach fast einem Monat ohne Landanschluss schien es wieder einmal angezeigt. Allerdings belastete die Liegegebühr mit 64USD die Bordkasse schon heftig. Am Steg gegenüber lag die Superyacht Seanna, eine 65m lange Luxus-Motoryacht, die ab 500’000EUR pro Woche gechartert werden kann. Zwei Tanklastwagen fuhren vor, um kurz mal 15’000lt Diesel nachzufüllen (und dies sei nicht besonders viel, meinte der Fahrer).
Wir ankerten in der Chatham Bay in SVG gleich neben der Megayacht Ulysses von Mark Zuckerberg. Das Schiff ist 116m lang, trägt einen Helikopter und mindestens 8 (!) Beiboote, jedes davon eine ausgewachsene Motoryacht. Das längste «Beiboot» ist eine 62ft lange Princess, also 1.5x länger als die Shiva. Im Bau soll die Ulysses 250Mio USD gekostet haben, der Betrieb schlägt mit etwa 1Mio USD pro Monat zu Buche. Die Dieseltanks fassen 470’000lt und reichen damit für Fahrt um die halbe Erde. Sie verbrennt aber auch in drei Stunden bereits eine komplette Tankfüllung der Shiva (900lt) um damit gerade mal knapp 40M zurückzulegen. Eigentlich unvorstellbar!!!
Moustique ist eine private Insel in den SVG, die exklusiv den Besitzern der einzelnen Prachtsvillen gehört. Hier können die Superreichen ihren Urlaub ungestört vor den Blicken Aussenstehender unter sich verbringen. Und wohl keine dieser Villen ist für unter 10Mio USD zu haben.
Das Sugar Beach Resort zwischen den Pitons ist ein exklusives Luxushotel, wo die Zimmerpreise für eine Nacht bei 1250USD beginnen. Darin sind die Mahlzeiten nicht einmal inbegriffen, nicht einmal ein Frühstück! Wir trafen auf unserem Weg zum Gros Piton eine Angestellte auf dem Weg zur Arbeit in diesem Resort. Sie verdient dort für 6 Tage die Woche gerade einmal 200ECD, also 80USD. Sie bekommt also pro Tag nicht einmal ein Prozent des Zimmerpreises, was ihr gerade knapp zum Leben reicht. Denn auf dieser Insel bekommt man in einem Restaurant keine Mahlzeit unter 40ECD.
Kann es da verwundern, dass ob einer solchen Kluft die Kriminalität auch und insbesondere gegenüber Cruisern in diesen drei Staaten Grenada, Saint Vincent & Grenadines (SVG) und Saint Lucia um Faktoren höher liegt als in den anderen Staaten weiter nördlich? Nun, Saint Lucia hat Massnahmen getroffen und die Sicherheitskräfte massiv verstärkt, sodass nun Dinghy Docks bewacht sind (Soufrière, Rodney Bay) und Patrouillen durch die Bojenfelder zirkulieren. Jedoch erfolgte dies zum Preis, dass die Cruiser hierfür mit deutlich höheren Gebühren geschröpft werden. Welche Konsequenzen sollten wir daraus ziehen: Meiden oder trotzdem hingehen? Ich bin gespalten.
Tolle Reise, wunderschöne Bilder; danke für die Berichte, mit denen wir Euch begleiten. Habt Ihr schon eine Liste der schönsten Ankerbuchten? Wir leihen sie uns gerne für 2020!
Ganz liebe Grüße aus Kiel