All die schönen Seiten einer Törnsaison muss man sich mit den zahlreichen Arbeiten zum Aus- resp. Einwassern verdienen. Dort gibt es kaum noch fotogene Sujets abzulichten, ja meist habe ich auch keine Lust oder Musse mehr dazu. Die Tage sind dann von Sonnenauf- bis untergang ziemlich dicht gepackt mit Arbeiten, die schlicht erledigt werden müssen, aber nicht unbedingt viel Spass bereiten. Da der Komfort in der Werft eher beschränkt ist, versuchen wir die Zeit dort auf ein Minimum zu beschränken, was jedoch damit zu den entsprechend voll gepackten, langen Arbeitstagen führt. Während der Saison sammeln sich auch diverse Reparaturen auf der ToDo-Liste an, die unterwegs noch als zu wenig wichtig oder dringlich eingestuft worden sind. So bleiben diese aufgeschoben, bis das Schiff dann im Winterlager liegt. Viel Zeit beansprucht auch immer wieder die Suche nach und Bestellung von Ersatzteilen und Verbrauchsmaterial für die nächste Saison.
Wir hatten keine allzu grossen Erwartungen an die Werft in Aigina, zum Glück standen ja auch keine grösseren Arbeiten an. Wir nahmen an, dass wir wohl kaum mit dem selben Komfort rechnen durften, den wir die letzten drei Winter in Ameglia (IT) antrafen. Und in der Tat, die Werft ist sehr viel einfacher eingerichtet. Es beginnt schon einmal damit, dass man nicht eben mal an einem Steg festmachen kann, sondern direkt zum Krantermin einlaufen muss. Da die Werft im Norden der Insel liegt ist sie dem vorherrschenden Wind und der See ausgesetzt, also geht dies nur bei einigermassen ruhigem Wetter. Der Platz im Dock unter dem Kran ist recht schmal, die Shiva passt gerade so noch hinein. Doch zumindest geht das Kranen mit dem Travellift recht einfach, doch auch hier muss das Achterstag gelöst werden, damit es nicht am Querträger scheuert. Takis Boatyard nutzt den Kran mit seinem Nachbarn, nach dem Auswassern wird die Shiva mit einem Traktor aufs Gelände nebenan gezirkelt. Die Schiffe dort stehen sehr eng aneinander gereiht, der Platz wird wirklich maximal ausgenutzt. Weil wir so spät im Jahr eintreffen stehen wir nun zumindest weit vorne (…was aber vermutlich nächsten Frühling etwas Stress bedeuten könnte, möglichst früh wieder einzuwassern).
Jedenfalls sind wir nun sehr froh, dass wir die Vorsegel bereits in der Marina und auf dem Fussballplatz gefaltet hatten. Doch das Gross müssen wir nun notgedrungen trotzdem hier noch falten, jedoch der Boden ist schmutzig und voller Steine. Aber freundlicherweise wird uns eine grosse Plastikplane ausgelegt und sogar noch gewaschen. Ohnehin sind wir schliesslich sehr angetan von der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Werft. Sie vermitteln uns einen Polsterer, der die von den extremen Böen des Meltemi beschädigten Gurten der Bimini und der Baumpersenning ersetzt resp. neu vernäht. An einem Abend werden wir zu einem gemütlichen Barbecue eingeladen und lernen so die ganze Mannschaft auch etwas besser kennen. Von der Werft brauchen wir zwar nur Unterstützung beim Neuanstrich des Antifoulings, doch dieser soll nun endlich einmal sorgfältig und ordentlich ausgeführt werden. Trotz expliziter Anweisung wurde in Italien einmal mehr gepfuscht, der neue Anstrich blätterte bereits nach kurzer Zeit wieder grossflächig ab und bot so nur einen bescheidenen Schutz vor Bewuchs durch Algen. Das nächste Mal sollte er nun wirklich gut haften, denn er sollte dann ja bis in die Karibik halten!
Aber gut hatten wir mit den Arbeiten zum Einwintern bereits einige Zeit früher begonnen, so kamen wir dann in der Werft auch innert 4 Tagen mit allem übrigen durch. So konnten wir noch einen gemütlichen Abschlussabend auf der Insel im Hauptort geniessen, wo wir uns in einem Hotelzimmer einquertiert hatten. Wir genossen die erste Nacht nach drei Monaten in einem normalen Bett an Festland ausgesprochen. Und am nächsten Tag verlief die Rückreise auch wieder entspannt und wider Erwarten vollkommen plangemäss. So sind wir mittlerweile seit drei Wochen wieder zurück in der Schweiz.
Wie soll es mit der Shiva dann weitergehen? Bleibt es diesen Winter hinsichtlich Pandemie ruhig, also ohne Schliessungen und exzessive Einschränkungen auch in den Ländern entlang der Barfuss-Route, dann wollen wir nochmals (resp. richtig) auf Langfahrt aufbrechen. In einem ersten Teil bedeutet dies, nochmals den Atlantik zu überqueren und eine Saison in der Karibik zu verbringen. Und auf dem Weg dorthin sind ja auch noch zahlreiche Perlen gestreut, sei es Madeira, die Kanaren oder die Kapverden. Im Frühjahr wollen wir sicher noch einige Zeit Griechenland und insbesondere die Ägais erkunden um dann im Sommer westwärts nach Sizilien, vielleicht Sardinien, Balearen und dann nach Gibraltar zu halten. Die Atlantikpassage von den Kapverden aus werden wir wohl im Dezember anpeilen, wenn die Passatwinde etabliert und die Hurrikans vorbei sein sollten. Bis im Mai wollen wir dann nochmals Zeit auf jenen Inseln verbringen, die uns 2019 besonders gefielen oder damals zu kurz kamen. Im Anschluss daran wollen wir dann die Shiva an die Ostküste der USA bringen und dort für die Hurrikan-Season bis zum Spätherbst lassen, voraussichtlich irgendwo in der Chesapeake Bay. So es uns dann immer noch gefällt und möglich wäre, würden wir dann im Winter 2024/25 wieder nach Süden in die Karibik und Richtung Panama, um schliesslich im Frühsommer dann doch noch den Pazifik und die Inselwelt der Südsee zu erreichen. Dies wäre ja dann das ultimative Sehnsuchtsziel, allerdings liegt noch ein sehr langer Weg dorthin vor uns. Wir wollen jedoch immer mal wieder auch einige Zeit in der Schweiz verbringen, um Familie und Freundschaften zu pflegen, sowie richtig in die Berge zu gehen. Die konkrete Planung beginnt nun nach und nach. Wir freuen uns auch immer wieder über Unterstützung und Gesellschaft an Bord auf dieser Reise!