Dank unserer Routenwahl durch den Dodekanes nach Karpathos und Kasos war die Überfahrt nach Kreta eigentlich nur noch ein Katzensprung. Gut, der Wind gestattete jedoch nicht die NE-Spitze anzulaufen, aber wir konnten fast die ganze Strecke von Kasos bis an die Küste unter Segeln zurücklegen. Es hätte auch alles sein können, nur waren wir zu bequem (und etwas müde) um auch noch eine Wende hinzulegen, also legten wir die letzten 3NM bis nach Kouremenos unter Maschine zurück. Wir ankern vor einem weiten Sandstrand in der Nähe der Einfahrt zum Fischerhafen und liegen dort sehr ruhig. Am nächsten Morgen hat der Wind auf W bis NW gedreht, also können wir erst einmal in NNE Richtung unter Segeln an der NE-Ecke von Kreta vorbei und nach weiteren 2h dann eine Wende hinlegen, die uns auf direkten Kurs in die Bucht von Agios Nikolaos bringt. Die Segel bergen wir erst vor der Marina und ankern dann etwas südlich davon vor einem Badestrand. Die Marina in Agios scheint für Dauerlieger ja attraktive Preise zu bieten (aber v.a. eine gute Infrastruktur und eine grosse Community), aber für Tagesgäste erscheint sie uns etwas zu teuer für Griechenland. Für die knapp 50EUR pro Nacht (dafür einer Flasche Wein im Welcome-Package) können wir auch in der Stadt sehr gut essen, was wir auch geniessen. Peter und Pia mit ihrer Yacht Leann liegen in der Marina und erwarten Crew. Wir kennen sie dank Trans-Ocean und den Arbeiten an der Revision des CH-Seerechts. So gibt es ein herzliches Hallo und leckere Cocktails, unser Dinghy darf für den Landgang gleich hinter ihrer Yacht vertäut bleiben.
Spinalonga
In Agios treffen wir unseren Sohn David mit Partnerin und nehmen Sie für einen Kurztrip mit dem Dinghy an Bord. Am anderen Morgen erwartet uns erneut ausreichend N-Wind zum Segeln, bedeutet aber einmal mehr hart an den Wind zu gehen und eine Wende zu fahren, damit wir die Bucht von Spinalonga erreichen. Unsere Philosophie als Cruiser ist, dass eine Wende pro Tag definitiv genug Arbeit ist, schliesslich muss dazu die Genua eingerollt und dann auf der Gegenseite wieder ganz dicht geholt werden, was mich ziemlich aus der Puste bringt. Wir betreiben das Ganze noch voll «Bio», also ohne elektrische Winchen. Vor dem imposanten Venezianischen Fort, das bis ins 20. Jh als Lepra-Station für ganz Griechenland diente, ankern wir im flachen Wasser. Das Wetter ist bedeckt, windig und eher kühl, also gar nicht was wir letzten Herbst erlebten. Unsere Gäste an Bord haben den Schlag trotz Krängen ohne Seekrankheit ertragen. Vor Spinalonga ist selbst bei diesem Wetter ziemlicher Trubel mit Ausflugsbooten, die ohne Rücksicht hin und zurück preschen und immer mal wieder Wellen werfen. Aber im späteren Nachmittag wird es ruhig und wir beginnen diesen speziellen Ort zu geniessen. Mit dem Dinghy machen wir eine Rundfahrt, für den Eintritt sind wir etwas zu spät dran.
Dhia
Am nächsten Tag bringen wir unsere Gäste hinüber nach Elounda und gönnen uns ein herzhaftes Frühstück. David und Brigitte fahren im Taxi zurück nach Agios und setzen ihren Urlaub an Land fort. Wir wollen weiter nach Westen nach Rethymno an der N-Küste von Kreta. Dort habe ich mir einen Liegeplatz reserviert, damit wir die Shiva für eine Woche sicher zurücklassen können, um zur Hochzeit unseres zweiten Sohnes Jonas in die Schweiz zurückzureisen. Auf dem Weg entlang der Küste hoffen wir auf etwas N-Wind, allerdings ist da nichts. Also schiebt uns unsere Nanni schnurrend über die glatte See. Etwas öde ist unter Maschine laufen ja schon, aber schlimmer noch wäre unter Maschine mit Wind und Welle gegenan zu laufen (bloss, dann gibt es bessere Alternativen…nämlich das Ziel zu ändern). Auf halbem Weg legen wir uns in eine der Buchten der Insel Dhia, gleich gegenüber von Heraklion. Für den nächsten Tag ist auch kein Wind angesagt, also bleiben wir noch etwas. Das Wetter ist immer noch bedeckt, gelegentlich regnet es etwas. Wir sind allein in der Bucht, in der es von Möven wimmelt. Sie liefern die ständige Begleitmusik zu unserem Aufenthalt.
Wir nutzen die Gelegenheit so ruhig zu liegen und Zeit zu haben, um nun endlich den Anschluss des Inverters anzugehen. Ich hatte das Teil bereits im Vorjahr zumindest im Motorraum neben den Ladegeräten montiert, nur bereitete mir die Kabelführung noch etwas Sorgen. Doch alles klappte wie am Schnürchen. Ein neues 220V-Kabel liess sich samt neuem Elektrorohr vom Motorraum bis zum Navitisch führen und wurde dort mit dem AC-Netz verbunden. Der Anschluss ans DC-Netz war dann trivial, da die Ladegeräte auch schon im Motorraum platziert sind. Mit dem Einschalten des Inverters bekommen wir einen bisher unbekannten Komfort an Bord. Unser 220V Bordnetz wird verfügbar, selbst ohne dass der Generator eingeschaltet werden muss. Zwar liefert der Inverter nur 800W maximale Leistung, zum Laden der zahlreichen Kleingeräte wir Mobiles, Tablets, Computer und Taschenlampen reicht dies jedoch dicke. Zwar bezieht der Inverter den Strom aus den Service-Batterien, was jedoch tagsüber eh kein Problem ist, weil dann die Sonnenpanels ausreichend Strom erzeugen (der ohnehin nur zu einem Bruchteil von den AGM-Batterien aufgenommen werden kann). Vermutlich können wir sogar die Waschmaschine am Inverter laufen lassen, einen Versuch ist es wert.
Rethymno
Am Mittwoch erreicht uns wieder etwas Wind, allerdings aus westlicher Richtung. Wir haben Zeit, also nehmen wir erneut eine Wende in Kauf, damit wir zumindest ein Stück weit unter Segeln vorankommen. So schaffen wir es zumindest bis in die Bucht von Bali. Dort ankern wir am Nachmittag in der Nähe des kleinen Fischerhafens. Wir können nachvollziehen, dass die Bucht von den Beschreibungen her als sehr touristisch gilt. Zumindest die Szenerie ist wunderbar mit den hohen Bergen im Hintergrund und dem kristallklaren Wasser unter uns. Da können wir die paar Jetskis gerade noch ertragen, die auch noch am Abend lärmend durch die Bucht röhren müssen. An Land begeistert uns eine familiengeführte Taverna mit leckerem Essen und macht diesen Zwischenhalt zum Genuss. Der folgende Tag bedeutet dann halt doch wieder motoren über spiegelglatte See. In Rethymno werden wir vom Marina-Staff am Kai erwartet und bekommen wie gewünscht einen Platz längsseits an der Mauer zugewiesen. So ist die Shiva sicher und gut vertäut und wir brauchen uns während unserer Abwesenheit keine Sorgen zu machen.
So sind wir nun einige Tage früher als gedacht in dieser schönen Stadt und wollen dies einerseits für Ausflüge nutzen, andererseits nochmals eine Arbeit am Schiff angehen. Auf dem Achterschiff hatte schon vor einiger Zeit ein grösseres Stück Farbe abzublättern begonnen. Eigentlich braucht ein Aluschiff keinen Farbanstrich, aber zumindest an Deck ist dieser hilfreich, um bei Sonneneinstrahlung nicht heiss zu werden, sowie mit einem Antirutschbelag die Sicherheit zu erhöhen. Nachdem Hugi’s eben ihr Deck mit Kiwigrip neu gestrichen hatten und wir das Ergebnis bei unserer Begegnung auf Kasos bewunderten, war der Entscheid schnell gefallen. Ich bestellte bei SVB weitere 8lt Kiwigrip mit Lieferung in die Marina, zusätzlich zu dem Paket das uns David als Muster aus der Schweiz mitgebracht hatte. Und darauf begannen wir die abblätternden resp. Blasen bildenden Stellen am Achterschiff und im Cockpit abzukratzen und blank zu schleifen. Eine etwas mühsame Arbeit und auch etwas frustrierend, jedoch mit Ausblick auf das Endergebnis sehr motivierend. Nebenbei konnten so auch die Farbschäden aus der Kai-Berührung in Foiniki auf Karpathos wieder geflickt werden. Nach drei Tagen Arbeit mit Schleifen, Spachteln, Grundieren und Voranstrich sieht das Ganze schon wieder halbwegs gut aus. Nach unserer Rückkehr kommt dann noch abschliessend Toplac an den weissen und Kiwigrip bei den grauen Stellen drauf. Die Marina vermittelte zudem einen Schreiner, der uns eine wegklappbare Sitzbank für den Heckkorb zimmert. Wir sahen bei einem anderen Schiff eine Vorlage, die auch bei uns passen wird. So werden wir künftig auf Passagen auch bequem im Heckkorb sitzen und an der Sprayhood vorbei den Blick übers Meer schweifen lassen können. Ob dies dann unsere Sichtung von Delfinen steigern hilft?
Eligia & Aradena Gorge
Unser touristisches Highlight von Kreta sind jedoch die Canyons. Wir verabreden uns am Freitag mit David und Brigitte zu einer «Expedition» an der Südküste. Ich hatte die Eligia-Gorge als abseits des Mainsteams entdeckt und mit Hilfe von Maps.Me auch einen Fussweg von Agios Yoannis hinab in die Schlucht entdeckt. Wir lassen ein Auto am Fuss der Aradena-Gorge und fahren mit einem zweiten Auto zum Trailhead. Der Abstieg hinab in die Schlucht ist ziemlich abenteuerlich und weist einige exponierte Stellen auf. Ohne GPS wäre der Weg nur schwer zu finden. Am Boden der Schlucht angekommen führt dann wieder ein gut markierter Weg hinab zum Strand. Die Schlucht enttäuscht uns, sie ist recht breit und nicht allzu dramatisch. Landschaftlich zwar schön, aber die Mühe nicht wert. Die interessanten Passagen liegen weiter oben, nur muss man dazu dann zwei Tage Fussmarsch einsetzen. An der Küste angekommen sind Wind und Wetter nicht so, dass man sich ins Meer stürzen mag. Auf dem Weg zurück bietet eine Taverna eine willkommene Erfrischung und Verpflegung, denn es wird schlussendlich ein viel zu langer Fussmarsch, bis wir das zurückgelassene Auto nach 9h endlich wieder erreichen. David mag danach jedenfalls nicht nochmals mit uns auf Kreta wandern…
Unsere Nachbarn am Liegeplatz in Rethymno sind Freunde von Hugi’s aus dem Winterlager in Agios. Wir lernen uns kennen und ich motiviere sie mit uns am Sonntag zur Wanderung durch die Aradena Schlucht. Diesmal gehen wir mit einem Auto. Brigitt und ich steigen am unteren Ende aus und wandern hoch, Klaus und Regina fahren zurück zur Brücke und wollen von dort hinab. In der Mitte soll dann die Übergabe des Autoschlüssels erfolgen. Die Schlucht ist wie aus unserer Erinnerung vom letzten Jahr schlicht spektakulär. Steile, bunte Felswände ragen zu beiden Seiten auf, die Schlucht ist an zahlreichen Stellen recht schmal und windet sich den Berg hinauf. An einigen Stellen muss man etwas kraxeln, einmal auch zwei Leitern über einen Felsblock hochsteigen. Zuoberst schliesslich kommt man unter der Brücke durch, die weit oben an der Felskante aufgehängt ist. Über den historischen Fussweg, der vor dem Bau der Brücke die einzige Verbindung durch die Schlucht darstellte, kommen wir in Serpentinen nach gut 3h wieder hinauf zum Auto. Nur, wir haben Klaus und Regina nicht getroffen… sie waren frühzeitig wieder umgekehrt, weil ihr Schuhwerk für die Wanderung doch nicht ideal war. Nichtsdestotrotz, sie waren begeistert und hatten sich vorgenommen, erstens bessere Schuhe vom Heimaturlaub aufs Schiff mitzubringen und zweitens nochmals zur Aradena-Schlucht zu fahren. Für einmal brennt die Sonne vom Himmel, also suchen wir uns einen Strand an der Südküste aus und geniessen ein erfrischendes Bad.
So, wir sitzen im Flieger nach Zürich voller Vorfreude auf die bevorstehende Hochzeit von Jonas und Helen. Am Sonntag Abend geht es dann wieder zurück nach Kreta und an Bord der Shiva, zur Fortsetzung unserer Reise, sowie der immerwährend anhaltenden Arbeiten am Schiff.