Nun liegt unser letzter Beitrag schon über einen Monat zurück, diesbezüglich sind wir nicht besonders fleissig. Aber es war ja auch sehr viel los in der Zwischenzeit. Eigentlich stehen wir kurz vor dem Absprung von Puerto Rico zu den Bahamas. Und ob wir dort dann sogleich wieder Netz haben werden? Mal sehen. Aber zusammengefasst lässt sich sagen, dass wir diverse herbe Enttäuschungen bezüglich der Riffe erleben, dafür diverse schöne Wanderungen auf die Berge dieser vielen Inseln der kleinen Antillen absolvierten.
Antigua und Barbuda – Abgestorbene Riffe
Die Überfahrt von Guadeloupe nach Antigua verlief bei gutem Wind recht sportlich. Einmal mehr blies es aus NE, sodass wir hart am Wind laufen mussten, und dies bei oftmals mehr als 20kn. Doch so kamen wir am frühen Nachmittag bereits vor Jolly Harbour an und konnten auch sogleich einklarieren. Die Prozedur hier war einmal mehr etwas mühselig mit 4 beteiligten Stellen, doch zumindest alles unter einem Dach und ansprechend freundlichen Beamten. Wie wir auch hatten offenbar zahlreiche weitere Segler den Wind für die Passage genutzt und standen nun nachmittags um 16h in der Schlange vor dem Customs Office, als diese eigentlich langsam Dienstschluss machen wollten. Doch im Gegensatz zu den schlechten Erfahrungen in Saint Vincent und Grenada nahmen es die hier gelassen und zeigten sich gastfreundlich. Jolly Harbour war zudem angezeigt, weil wir hier sehr günstig Diesel tanken konnten (1.05CHF/lt), was auch dringend nötig war. die drei Tanks waren beinahe leer, wir tankten fast 800lt.
Am nächsten Tag verlegten wir auf die Ostseite nach English Harbour und fanden noch einen Ankerplatz in der Freeman Bay gleich davor. So konnten wir am Abend zum traditionellen BBQ hinauf nach Shirley Heights bummeln, der Steelband zuhören und bei einem Cocktail den Sonnenuntergang über der ganzen Szenerie geniessen. In Antigua liegen zahlreiche millionenschwere Superyachten im Hafen, wobei deren Eigner wohl irgendwo anders ihren Reichtum mehren. Nur die Crews hängen hier herum, polieren fleissig glänzendes Chromstahl und verspiegelte Fronten. Wir treffen erneut unsere australischen Freunde von der Anthem und der Paseafique zu einem Strandpicknick, wobei wir dazu hinüber in die gegenüberlegende Bucht Falmouth Harbour wandern.
Einen ersten Versuch, auf die Nordseite von Antigua zu segeln brechen wir ab. Der Wind ist zu heftig und die See viel zu hoch. Nach der ersten Wende geben wir auf und segeln innert weniger als einer Stunde wieder zurück nach Falmouth Harbour, um nochmals einen Tag abzuwarten. In den kommenden Tagen besuchen wir zwei Ankerplätze aus unserer Erinnerung in Antigua, einmal bei Green Island, dann bei Great Bird Island, sind jedoch ernüchtert, was die Unterwasserwelt anbelangt. Wir setzen also sogleich nach Barbuda über und gehen dort in die wunderbare Lagune beim Spanish Point Reef. Aber auch dort stellen wir fest, dass die Korallen meist abgestorben sind und nur noch wenige Fische vorhanden sind. Wirklich traurig, dies war eigentlich einer unserer Lieblingsplätze bisher…
Zumindest besuchen wir danach zusammen mit den Crews von zwei deutschen Yachten das Frigate Bird Sanctuary im Norden von Barbuda und erfreuen uns an der Vielzahl von Vögeln und insbesondere der Jungtiere. Hier nisten offenbar eine der grössten Populationen der Welt, und erfreulicherweise sind sie nach den Verwüstungen von Hurrikan Maria wieder zurückgekehrt. Offenbar hätten sich die Vögel ja einige Tage vor Durchzug des Hurricans in Sicherheit gebracht. Die müssen einen sechsten Sinn dafür gehabt haben.
Saint Kitts & Nevis – Nevis Peak
Die Überfahrt von Barbuda nach Nevis bedeutete für einmal entspanntes Leichtwind-Segeln. Der in Guadeloupe reparierte Genaker kam dafür zum Einsatz und bewährte sich wieder. In Nevis trafen wir wieder auf Adrian und Marianna von der Anthem. Gemeinsam machten wir uns am nächsten Tag an die Besteigung des Nevis Peak. Der Aufstieg durch schönen Regenwald erwies sich als ausgesprochen steil. Doch der Weg ist gut ausgebaut und an vielen Stellen hängen Seile, denen allerdings nicht besonders vertraut werden kann. Diesmal erreichen wir den Gipfel und bekommen sogar etwas Aussicht geboten, nicht wie letztes Mal in 2019. Damit haben wir unsere Bucket List für Saint Kitts & Nevis abgehakt.
Statia – The Quill
Eigentlich heisst die Insel ja Sint Eustatius und ist eine Gemeinde der Niederlande. Mit einem riesigen Oelterminal im NW der Insel begründet sie ihren wirtschaftlichen Wohlstand und so zeigt sich Oranjestad auch als sehr schmuckes, holländisches Städtchen. Wir besuchen die Insel vor allem, weil wir in den bisherigen Besuchen immer verpasst hatten, den Vulkankrater The Quill (resp. Mazinga) zu besuchen. Dies können wir nun endlich nachholen, und erst noch bei bestem Wetter. Die Wanderung ist nicht besonders anspruchsvoll, doch umso mehr lässt es sich geniessen. Damit kam auch dieser Punkt weg von unserer Bucket List.
Saba – Mount Scenery
Wie schon Statia ist auch Saba eine Gemeinde der Niederlande, und dazu liegt hier auch gerade noch der höchste Punkt des Landes! Als wir in der Ankerbucht ankommen, bläst ein äusserst kräftiger Wind, sodass an ein Anlanden mit dem Dinghy nicht zu denken ist. Erst zwei Tage später beruhigt sich das Wetter wieder etwas. Zumindest liegen wir hinter der Insel an einer Mooring sicher und relativ ruhig. So widmen wir uns halt den diversen Arbeiten, die an Bord eben auch so anfallen, wenn man monatelang dort lebt. Es gibt viel zu putzen und auch das Inventar und Wartungs-Log gilt es nachzuführen. Ohnehin ist es selbst zum Schnorcheln viel zu unruhig, als dass es sich gelohnt hätte. Als endlich das Wetter besser wird, kommen wir doch noch an Land und erwandern einmal mehr den Gipfel des Mount Scenery. Der Weg ist ja wunderbar ausgebaut mit über 1000 Treppenstufen, die vom Örtchen Windwardside hinauf führen. Und oben wird man mit einem Rundblick über die ganze Insel belohnt, insbesondere auch auf den sehr abenteuerlichen Flugplatz. Wir erleben eine weitere erheiternde Episode von glücklicher Fügung auf dieser winzigen Insel. Vom Nachbarboot in der Ladder Bai kommt uns ein holländisches Paar Karen und Jerome besuchen und wir tauschen uns über Reisen und Leben an Bord aus. Ihr Sohn lebe auf Saba und arbeite dort für die Saba Conservation Foundation. Am nächsten Tag nimmt uns eine freundliche Dame vom Hafen hinauf nach Windwardside im Auto mit. Oben angekommen stellt sich heraus, dass es die Schwiegertochter der Holländer ist. So lernen wir auch gleich noch den Sohn und das eben erst geborene Töchterlein kennen. Als wir nach der Wanderung auf dem Rückweg hinab sind, nimmt uns wieder ein Wagen mit. Das Paar lebt seit fast 20 Jahren auf Saba, stammt aus der DomRep … und sie ist die Cousine der Schwiegertochter!
Saint Martin – Pic du Paradis
Die kurze Passage von 34 M hinüber nach Saint Martin bringt uns schönes Segeln bei Halbwind und kurz nach Mittag ankern wir im Norden der Insel in der Marigot Bay. Die Anthem von Adrian und Marianna ankert gleich in der Nähe, ebenso die Gian von Wolfgang und Petra. Einklarieren geht wunderbar schnell und kostenlos im Chandlery Isle Marine, wo sich dann auch wieder ein paar Ersatzteile finden lassen (und seien es nur jene paar Schrauben, die ausgerechnet im sonst gut bestückten Kasten gerade wieder einmal fehlen). Am Abend treffen wir uns in einer grossen Gruppe in ähnlicher Zusammensetzung wie schon vor der Atlantikpassage in Mindelo zum Abschied von Lesley. Sie muss für eine Hüftoperation zurück nach Australien und will im Juni dann zurück zu Phil aufs Schiff zurückkehren. Es wird ein wundervoller, rührseliger Abend mit viel Herzlichkeit.
Wir besuchen am nächsten Tag einen sehr gut bestückten Tauchladen und ergänzen unsere Ausrüstung um einen weiteren Regulator, sowie eine zweite Stufe für den bereits vorhandenen. Ein BCD resp. Jacket für Brigitt konnten wir bereits in Statia finden. Nun haben wir abgesehen von den Tauchflaschen (und vielleicht einmal ein Kompressor….) zwei komplette Tauchausrüstungen an Bord. Die Tauchgänge in Guadeloupe haben es uns sehr angetan, wir sind wieder etwas angefixt. Den Nachmittag verbringen wir an der berühmten Maho Beach und schauen den Flugzeugen zu, die in geringer Höhe über die Köpfe auf die daneben beginnende Landebahn rauschen. Beim Start kann man sich von den voll aufgedrehten Triebwerken gleich sandstrahlen lassen oder sich nur schon an den fortfliegenden Hüten, Brillen und Rücksäcken erheitern. Entsprechende Warnschilder hätte es ja. Allein, wer glaubt denen schon bevor er’s nicht selbst erlebt hat. Yvonne kommt aus der Schweiz und bringt uns diverses Material von dort mit.
Wir packen die Gelegenheit für einen Grosseinkauf bei Carrefour, der seltsamerweise auf der holländischen Seite liegt. Auf dieser Insel liegt ja auch jenes Stück Grenze zwischen Holland und Frankreich, das kaum jemandem bewusst ist. Die Quittung ist meterlang und endet mit über 400 USD (übrigens, die Waren sind dort nicht etwa in Euro sondern in Gulden beschriftet!). Zu unserer Erleichterung fährt uns ein Courtesy-Bus des Carrefour bis zur Marina. Doch von dort müssen die zahlreichen Taschen erst im Dinghy hinüber aufs Schiff und dann dort im Innern irgendwo verstaut und in der Inventarliste nachgeführt werden. Zudem ist mittlerweile wieder ein Oelwechsel an der Maschine Nanni fällig. Es kamen halt etwas viele Stunden bei der Atlantikpassage hinzu, nun sind also weitere 250h vollzählig. Diese Arbeit ist für mich immer etwas abschreckend, denn dazu muss ich nach dem Abpumpen des Altöls auch noch den Oelfilter ersetzen. Den erreiche ich nur liegend auf der Maschine durch einen schmalen Spalt seitlich hinab. Dort muss ich den mit einer Hand aufschrauben, was viel Kraft und jede Menge Schweiss abverlangt, denn der sitzt fest. Der Platz ist viel zu eng, um dazu ein Werkzeug einzusetzen. Mit Gummihandschuhen und zahllosen Flüchen bekam ich dies bisher jedoch noch jedesmal hin.
Zum Abschluss verabreden wir uns mit Adrian, Marianna und Phil zu einer Wanderung auf den Pic du Paradis, und auch Yvonne ist dabei. Von der alten Marina Royal, wo wir die Dinghy’s zurücklassen geht es erst durch die Vororte von Marigot bis hinauf zum Waldrand, wo der eigentliche Pfad durch Wald und Busch beginnt. Das Ganze ist etwas schweisstreibend, der Wald nicht besonders vielfältig (meist Lorbeer), doch die Aussicht recht hübsch. Über einen langen Bergrücken kommen wir schliesslich zum obersten Punkt uns werden mit einem Ausblick hinüber zu den Nachbaarinseln Anguilla, Saint Barth und Saba belohnt.
Sombrero Island (Anguilla)
Yvonne verlässt uns wieder, denn sie sammelt Länder und will nun nach Saint Kitts. Wir haben uns entschieden, für einmal die British Virgin Islands auszulassen (denn dort waren wir schon 3x) und direkt in die US Virgin Islands überzusetzen und dann nach Puerto Rico. Allerdings entdecken wir auf dem Weg dorthin ein kleines Einod auf der Karte, das wir für einen Zwischenstopp ansteuern, nämlich Sombrero Island. Wir segeln mit schönem Halbwind zügig nach NW und haben den Köder zum Angeln ausgebracht. Beim Passieren von Dog Island auf halbem Weg erwischen wir erst eine Fischerboje im Ruder, und dann verhakt sich auch noch gleich der Köder der Angel in einer anderen Leine. Bis wir das Schiff gestoppt haben und die Segel geborgen, reisst es uns gleich die ganze Angel samt Halterung vom Heckkorb weg und sie verschwindet im Meer. So ein Ärger…! Nachdem wir das Ruder wieder freibekommen haben laufen wir unter Maschine zurück und finden tatsächlich den an einer Fischerboje verhakten Köder. Allerdings scheitert unser Versuch, die Rute durch einholen des Silks wieder an Bord zu bekommen. Nach etlichen hundert Metern reisst schliesslich der Silk und so bleibt die Rute im Meer. Wieso zum Henker ist der Silk nicht schon zuvor gerissen? Dann hätten wir zumindest noch die Angelrute….
Der Ankerplatz vor Sombrero Island ist dann ziemlich abenteuerlich. In 20m Tiefe vor einer 10m hohen Steilküste versinkt er im Meer, aber scheint dort doch gut zu halten. Der Platz ist unruhig und rollt. Die Insel wirkt etwas gespenstisch mit den verlassenen Gebäuden, die einst zum Abbau von Guano genutzt wurden. Wir fragen uns, wie wir an Land gelangen könnten, denn die beschriebene Leiter ist zwar vorhanden, endet aber deutlich mehr als zwei Meter über der Wasseroberfläche. Ich mache mich endlich einmal an die Reinigung des Schiffsrumpfs heran, hat sich dort doch etlicher Bewuchs mittlerweile angesammelt. Dies ist ziemlich anstrengend, muss doch dazu mit dem Schnorchel abgetaucht werden, um an die unteren Stellen zu gelangen. Und ohne Spachtel geht da gar nichts, denn die Muscheln sind scharfkantig und halten sich zäh fest. Nach fast zwei Stunden im Wasser ist die eine Seite des Schiffs knapp geschafft. Uff. Das Wasser hier ist kristallklar bis auf den Grund. Grosse Barracudas und andere Fische erfreuen sich an den hinabsinkenden Teilen vom Unterwasser der Shiva.
Am nächsten Morgen schwimmen wir mit der Schnorchelausrüstung hinüber und finden in einer kleinen Bucht einen Platz, wo man relativ gut an Land kommt. Nach kurzer Kraxelei überwinden wir auch die Felsstufe und gelangen so auf die Ebene darüber. Wir werden dort schlicht berauscht von der grossen Kolonie von Tölpeln (Boobies), die dort am Boden brütet und ihre Jungen hochzieht. Die Vögel sind nicht besonders ängstlich und gestatten einen Blick von recht nahe. Vor allem die Jungtiere sind scheu und kreischen uns schon von Weitem an, während die Ausgewachsenen uns nur aufmerksam beobachten. So bekommen wir Tiere in allen Entwicklungsstadien zu Gesicht, von Eiern über frisch geschlüpfte, noch nackte Küken bis zu grossen, mit dickem weissen Flaum aufgeplusterte Junge. Bei einigen sahen wir auch schon den Übergang zum ordentlichen Gefieder. Wir sind schlicht geflasht von diesen Eindrücken und verweilen stundenlang beim Zuschauen. Dieser kleine Umweg hat sich definitiv gelohnt, auch wenn der Verlust der Angelausrüstung schmerzt. Am Abend bekommen wir dann sogar noch einen Wal zu Gesicht, wie er seinen Blas von sich gibt und kurz auftaucht. Scheint ein Finwal gewesen zu sein… das macht Lust auf mehr, aber dabei bleibts vorerst.