Am 28. Oktober flogen wir von zu Hause wieder zurück in die USA. Wir hatten so viel Gepäck dabei wie wohl noch nie zuvor auf einem Flug. Gleich drei Gepäckstücke zu je 23kg mussten wir aufgeben, denn ganze zwei Taschen waren gut gefüllt mit Ersatzteilen und neuer Ausrüstung für die Shiva. Kleider hatten wir bei unserer Rückkehr im Juni eh an Bord gelassen, da kam kaum noch etwas neues hinzu. Zwar machte ich mir anfangs etwas Sorgen, wie wohl die Fluggesellschaft (Sicherheit: Epoxy-Primer, Hartharzoel) oder der US-Zoll (Material im Wert von über 4’500CHF) dies handhaben werde. Doch zu unserer grossen Erleichterung verlief alles wie am Schnürchen und ohne negative Überraschungen. Das Gepäck reiste mit uns und kam unbeschadet an, der US-Zoll winkte uns durch und die Immigration begrüsste uns dank Visa freundlich und speditiv. So erwischten wir auch den etwas knapp bemessenen Anschlussflug in Newark völlig problemlos. Wir bekamen in Norfolk am Flughafen gleich unseren Mietwagen, fuhren um 19h los und waren so bereits vor 21h an Bord der Shiva. Zwar recht müde, war es doch eigentlich bereits 02h früh, aber noch aufgekratzt.
Der erste Schreck kam, als beim Einschalten des 12V-Bordnetzes schlicht nichts kam. Die Batterien waren tot. Also installierte ich halt noch kurz den Landanschluss mit dem im Juni gekauften 110V Step-Up Trafo, damit wir zumindest Licht an Bord hatten und die Batterien wieder geladen werden. Doch die Batterien luden nicht, die beiden Ladegeräte lieferten keinen Strom. Wir fielen todmüde ins Bett, in meinem Kopf kreisten die Gedanken und ich suchte nach Lösungen.
Die folgenden 14 Tage waren mit Arbeiten eng durchgetaktet. Vor uns stand ein auf den ersten Blick nicht zu bewältigender Berg von Aufgaben, sodass ich morgens oft grosse Mühe hatte, überhaupt etwas anzupacken. Aber schliesslich kamen wir in einen guten, nachhaltigen Modus, ohne jeden Abend völlig ausgelaugt in die Koje zu fallen.
Die wohl grösste Arbeit stellte das Unterwasser dar, das erst gereinigt, dann grundiert und schliesslich mindestens 2x mit Antifouling gestrichen werden musste. Ich hatte das Material dazu bereits in Gibraltar eingekauft und an Bord über den Atlantik mitgeführt, da dieser Typ in USA nicht erhältlich ist. Erschwerend kam bei dieser Arbeit hinzu, dass die Shiva hier so tief aufgebockt war, dass ich jeweils auf dem Rücken liegend unter dem Rumpf arbeiten musste. Die Werft machte uns keinen guten Eindruck bei Ankunft, insbesondere was Auftragsarbeiten anbelangt. Während wir bisher das Unterwasser immer der Werft vergeben hatten, übernahm ich dies für einmal selber. Zumindest zeigte sich der Boatyard dann doch recht kulant, als ich vorsprach um den Rumpf am Donnerstag soweit anzuheben, dass ich den Kiel komplett absenken kann und den dann auch zu streichen. Am frühen Nachmittag kamen sie mit dem Travelift vorbei, hoben die Shiva hoch, doch aufbocken ging in der Höhe nicht. So liessen sie uns über Nacht am Kran hängen, doch ich musste nun im Eiltempo die Arbeiten am Kiel durchziehen. Schliesslich wollten sie ja am andern Morgen wieder mit ihrem Travelift arbeiten. Es war ja zum Glück nicht allzu viel Fläche und nicht zu spät am Nachmittag. So kam ich mit allem ordentlich durch, wenn auch die empfohlenen Trocknungszeiten zwischen den Anstrichen wohl deutlich unterschritten wurden. Doch zumindest das wichtigste Etappenziel hatten wir Freitag erreicht: Das Unterwasser war nun bereit zum Einwassern! Selbst den Propeller habe ich dieses Mal versuchsweise mit einem modernen Antifouling gestrichen (Hempel Silic One). Doch brauchte es dazu eben auch wieder einen speziellen Primer als Unterlage, der auch in unserem Gepäck aus der Schweiz mitgekommen ist.
Ich hatte ja ohnehin nicht mehr grosses Vertrauen in unsere AGM-Batterien aus 2018 (unsere Voreigner ersetzten die Batterien jeweils in viel kürzeren Intervallen). So hatte ich bereits Ersatz in die Werft bestellt, der bei Ankunft dort bereits auf uns wartete. Doch eigentlich wollte ich die erst austauschen, wenn wir am Steg liegen. Schliesslich wiegt jede einzelne 25kg und es sind gleich 6 Stück. Doch angesichts der Situation gab es keine andere Wahl, die mussten jetzt halt die Leiter hoch, und die alten natürlich auch wieder die Leiter runter. Am Mittwoch morgen feierten wir unseren ersten wichtigen Erfolg. Wir hatten die Batterien ausgetauscht, alles angeschlossen, die alten entsorgt und … es funktioniert wieder tadellos! Ich hatte dies als grössere Übung in Erinnerung, muss doch für den Zugang zum Batteriefach gleich auch noch der Niedergang abgebaut werden. Doch es verlief wirklich reibungslos, die Vorarbeiten damals in Kiel im Frühjahr 2018 hatten sich gelohnt.
Doch ein weiterer Tiefschlag war die Mischbatterie am Spültrog in der Kombüse. Dort spritzte Wasser richtiggehend heraus… in der Not behalf ich mich mit Duck-Tape (aka Panzertape) und klebte damit den Hahn ab. Allerdings konnte man den nun nicht mehr drehen. Doch zum Glück erwarteten wir Crew zwei Wochen später in Norfolk, die verdankenswerter Weise (zusätzlich zu den bereits ihr übergebenen Ersatzteilen) gleich auch noch eine neue Mischbatterie aus der Schweiz mitbrachte. Unser Versuch, Ersatz in den USA zu finden, scheiterte daran, dass die Grössen und Gewinde nicht mit jenen in Europa kompatibel sind. Bald nach ihrer Ankunft in Norfolk wurde also diese Mischbatterie ersetzt und strahlt nun in neuem Glanz. Dass eine solche Übung sehr aufwändig wird, ist wohl nur einem Bootseigner klar… denn bis dahin musste ich die alte Mischbatterie erst ausbauen (als Muster zur Suche nach Ersatz), dann wieder einbauen und behelfsmässig dichten, bevor sie dann endgültig ausgebaut und ersetzt werden konnte. Die engen Platzverhältnisse unter und hinter der Spüle erforderten sehr spitze, schlanke Finger, jede Mutter oder Schraube, die dabei in die Bilge fiel wieder ein mühsames Ertasten und Suchen im Untergrund, bis sie wieder hervorgeklaubt war. Jedenfalls ging fast ein halber Tag allein mit dieser Montage drauf.
Wir hatten die Bimini und die Sprayhood beim lokalen Segelmacher mit angehängtem Canvas-Workshop auffrischen lassen. Die Nähte mussten fast allesamt erneuert werden, denn die UV-Strahlung hatte den alten Faden aufgelöst. Auch wollte ich Verstärkungen an den 4 Ecken der Bimini. Bei der Sprayhood mussten die PVC-Scheiben ersetzt werden, sowie ein Mesh als abnehmbarer Sonnenschutz installiert werden. Die Kosten für diese Arbeiten waren beträchtlich (über 3000USD) und erreichten fast den Preis der ersten Neuanfertigung in Kiel resp. Ameglia. Jedoch war die Ausführung anfangs noch sehr unvollständig, gleich zwei Mal musste ich Bimini und Sprayhood wieder in die Werkstatt zurückbringen, weil eine Naht vergessen gegangen war oder der im Auftrag vereinbarte Sonnenschutz nicht hergestellt worden war. So mussten wir mehrfach die Bimini montieren und wieder abbauen, bei der Sprayhood waren es gleich drei Mal! Solche Arbeiten fressen eben auch viel Zeit, die so nicht vorgesehen war. Doch zum Schluss sind wir sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die Stoffe sind jetzt ausreichend stark für die nächsten 5 Jahre, und sollten nicht im Pazifik gleich wieder zu Reparaturen Anlass geben.
Daneben hatten wir auch die Segel dort für kleinere Reparaturen an diversen Stellen in Auftrag gegeben. Dies wurde zumindest auf Anhieb gut und sauber ausgeführt (war aber auch nicht billig und kostete uns nochmals 1200USD). Dann kamen noch ein paar Leinen dran. Die Dirk (aka Topping Lift; hält den Baum oben) dient uns als Backup für das Grossfall. Nachdem jenes bei der Atlantikpassage gebrochen war, stand die Dirk auch lange Tage im Einsatz und hatte auch sehr gelitten. So ersetzten wir diese mit einer neuen Leine mit ausreichend Reserve in der Länge. Auch war die Grossschot nun sehr in die Jahre gekommen und wurde jetzt mit einer hochwertigen Dynemaa-Leine ersetzt. Für den Baum haben wir eine neue, leichte Baumbremse besorgt, die ein schnelles Überschlagen bei einer Patenthalse verhindern soll. Bei der Atlantik-Passage führte eine solch versehentliches Überkommen des Baums mitten in der Nacht zu erheblichen Schäden, trotz gesetzter Bullen-Talje (PVC-Scheibe der Sprayhood ausgerissen und beschädigt, Unterwant Bb verbogen, …). Ja, und jene Unterwant hatten wir auch noch in Deltaville ersetzt, nur wurde der Rigger im Juni nicht mehr damit fertig. So bekamen wir die erst jetzt und montierten die nun neu.
Als wir langsam Licht am Ende des Tunnels zu sehen begannen, war ich nun auch motiviert eine weitere wichtige, aber heikle Aufgabe anzupacken. Ich ersetzte zwei der Borddurchlässe im Bug, die mir zu sehr in die Jahre gekommen erschienen. Insbesondere der Einlass für die Vorschiff-Toilette und den Wassermacher und das dort montierte Seeventil bereiteten mir jeweils grosse Sorgen, dass dieses abbrechen könnte, was auf See zu grossen Problemen führen würde. Nun sitzt dort ein neuer Borddurchlass mit hochbewertetem Seeventil von Trudesign. Damit verbunden war auch die Installation und Verrohrung einer neuen Förderpumpe für den Wassermacher (4kg, war auch im Gepäck). Die beengten Verhältnisse machten die Schlauchführung recht knifflig, doch nach einem Tag Arbeit war auch dies gelungen. Leider musste ich nach dem Einwassern feststellen, dass die Verrohrung nicht ganz dicht war, also musste ich alles abbauen und nochmals mit mehr PTFE-Band und Kraft festziehen. Dank neuem Seeventil liess sich dies problemlos auch im Wasser erledigen. Mittlerweile haben wir den Wassermacher in Betrieb und erfreuen uns der neuen, leistungsstarken Förderpumpe.
Jetzt kam nochmals eine grosse, wichige Arbeit hinzu: der Ersatz unserer beiden Raymarine Plotter am Navi-Tisch und im Cockpit. Nach drei Jahren war erneut die Touch Funktion des Plotters im Cockpit ausgefallen. So hatte ich den im Juni zur Reparatur an Raymarine USA eingesandt. Dort beschied man mir, das Ersatzteil sei nicht mehr erhältlich, bot mir aber einen Austausch mit einem aktuellen Modell Axiom zu einem guten Preis an. Allerdings bedeutete dies, dass dann auch der zweite Plotter ersetzt werden musste. Nun denn, mit schien dies besser als unterwegs dann wieder in Schwierigkeiten zu geraten. Die Installation der beiden Plotter verlief dann überraschend reibungslos, abgesehen von einem fehlenden Kabel. Jenes wurde dann anstandslos mit UPS Next Day nachgeliefert. Jetzt läuft unsere Bordelektronik wieder perfekt und mit neuer Generation von Geräten.
Am berüchtigten 5. November, dem Wahltag in den USA, wurde die Shiva dann eingewassert und wir verholten an einen Steg in der Marina. Zuvor habe ich die Maschine wieder für den Betrieb klar gemacht, den Dieselfilter ersetzt und den Impeller eingebaut. Zudem ersetzte ich das stark korrodiert Oelablassrohr mit dem Anschluss an die Absaugpumpe. Dies gab leider eine ziemliche Schweinerei, weil recht viel Motoroel in die Bilge entwich. Die Reinigung beschäftigt uns bis heute noch… Doch als das übelste Problem stellte sich eine undichte Stelle am Deckel des Wärmetauschers heraus, wo der Zugang vom Ausgleichsgefäss des Kühlmittels angeschlossen wird. Nach mehreren Versuchen mit Epoxy-Stift, Paprika, Sika-Flex fand ich nun mit einem speziellen, für heisse Installationen geeigneten Epoxy von JBWeld vermutlich die Lösung. Aktuell scheint die Stelle nun endlich dicht zu sein, nachdem wir seither bereits sicher 4lt Kühlmittel dafür verbraucht haben (das dann jeweils auch in die Bilge auslief und verloren ging). Doch zumindest konnten wir die Maschine ja nutzen, es musste halt vor Abfahrt auf einen ausreichendes Niveau des Kühlmittels im Wärmetauscher geachtet werden. Allein das Ausgleichsgefäss liess sich nicht verwenden.
Am Steg konnten wir nun die Segel anschlagen, womit wir mittlerweile Übung haben und damit einmal mehr reibungslos klappte. Die Gasinstallation bekam neue Schläuche, die wieder bis 2030 zertifiziert sind. Die EPIRB bekam eine neue Batterie, die nun Ablauf Dez. 2029 hat. Auch den Aussenborder konnten wir problemlos wieder in Betrieb nehmen. Damit waren wir also klar zur Losfahrt…
Klar zur Losfahrt… da fehlt doch noch etwas ganz Entscheidendes: Proviant!!! Wir klappern die nächsten Tage diverse Supermarkets in der Umgebung ab, um unsere Vorräte für die nächsten Monate aufzustocken. Insbesondere Hartwaren (Teigwaren, Reis, Mehl, Büchsen, Gewürze, …), Fleisch (für den Tiefkühler) und Getränke (Wasser, Süssgetränke, Bier, Wein, …) stehen auf der Liste. In Anbetracht der exorbitanten Preise für Lebensmittel in den Bahamas sind wir gut beraten, uns bereits in den USA damit einzudecken. Und dank Mietwagen lässt sich dies auch gut erledigen. Insgesamt kommt so Proviant für etwa 2500USD zusammen. Die Organisation und das Verstauen dieser Menge verlangt auch ordentlich Zeit und Geduld.
Dank einem Ehepaar von Bootseignern, Sheryl und Mike, die wir bereits im Juni kennen gelernt haben, geniessen wir etwas Gesellschaft und bekommen einiges vom Lokalkolorit ab. Intensive Diskussionen über den Wahlausgang und das politische System der USA bereichern unsere Abende. Zudem treffen wir ein Schweizer Ehepaar, Sue und Reto, in der Werft, denen wir bereits im Juni begegnet sind. Ihr Vorhaben, den Katamaran SuRet in den USA zu verkaufen schlug bisher fehl. Nun wollen sie wieder zurück nach Europa (ab Mai 25), um dort einen Käufer zu finden. Bis dahin segeln sie eben auch in die Karibik. So hoffen wir, dass es nochmals zu einem Treffen auf See in den Bahamas kommen wird. Doch gegenwärtig stehen sie immer noch an Land in Deltaville (…die Batterien sind tot!).
Eine letzte Episode noch. Ausgerechnet an jenem Tag, als die Shiva für das Streichen des Kiels angehoben werden sollte, schloss mich unser Mietwagen aus. Ich wollte nur kurz Reto etwas mitteilen (wir versuchten einen Servicebetrieb für die Rettungsinsel in der Nähe zu finden, was aber vergeblich blieb), war dazu kurz ausgestiegen bei laufendem Motor. Die Tür schnappte zu, doch der Schlüssel lag noch im Wagen. Der Wagen verriegelte sich von alleine … so ein Riesensch…. Zwei Stunden später war ein Mechaniker vor Ort, öffnete die Tür innert Minuten und alles war wieder ok (abgesehen von meinen Nerven). Und dann der grösste Zugewinn an Komfort zum Schluss: Starlink! Auch im Gepäck brachten wir die Antenne und den Router mit (wir wollten ja ein 220V Gerät, nicht 110V). Die Installation des Kabels war zwar wieder eine mühselige Übung quer durchs Schiff vom Heck bis zum Navi-Tisch. Doch nach zweitem Anlauf hatten wir das Gerät korrekt aktiviert und haben jetzt Internet! Überall! Auch auf Hochsee! Die Kosten sind überschaubar (72CHF pro Monat für unbeschränktes Datenvolumen; Mobile Roam Unlimited), selbst auf Hochsee kommt wenig hinzu (2CHF pro GB). Zumindest hierfür geniesst Musk meinen Respekt (aber damit hat’s sich wohl).