Wir waren erleichtert, dass unsere intensiven Arbeitstage in Deltaville Früchte getragen haben und wir tatsächlich wie geplant am Sonntag, 10.11. ablegen konnten. Es ist ja immer so eine Sache mit dem Losfahren…die ToDo Liste an Arbeiten bei einem Schiff ist schlicht nie leer. Entscheidend ist, ob die wirklich wichtigen Dinge erledigt sind und damit die Weiterfahrt sicher ist. Vieles lässt sich dann ja immer noch unterwegs fertigstellen (so man denn für die dafür notwendigen Teile und Materialen vorgesorgt hat).
Norfolk
Der erste Schlag führt uns nach Norfolk am Eingang zur Chesapeake Bay. Wir verlassen Deltaville gerne, denn es wird nach und nach kälter. So hatten wir meist in der Nacht die Heizung an Bord am Laufen, um nicht zu frieren. Das Gefühl war so gut, wieder unterwegs zu sein und weg vom Boatyard. Die Maschine schnurrt wie geschmiert, der Generator läuft einwandfrei, allein den Wassermacher müssen wir dann noch in Betrieb nehmen. Zwar leckt der Anschluss des Wärmetauschers zum Ausgleichsgefäss bei der Maschine immer noch, doch dies ist kurzfristig noch ok. Wir bekommen den Wind leider von vorne, direkt auf die Nase, also wird’s zur reinen Fahrt unter Maschine. Die Strecke bis Norfolk hinein ist zu weit, als dass wir es vor Sonnenuntergang noch schaffen könnten. So ankern wir in einer kleinen Bucht hinter dem Fort Monroe auf der gegenüberliegenden Seite des James River kurz vor Eindunkeln.
Am Morgen legen wir das letzte kurze Stück bis ins Zentrum von Norfolk zurück, wo wir direkt gegenüber dem zentralen Park und dem Museum Nauticus ganz in der Nähe einer Marina ankern. Grund dafür ist neben der Aufnahme von Katrin, unserer ersten Crew auf dieser Fahrt, dass ich Starlink nochmals neu aktivieren muss. Bei meinem ersten Versuch registrierte ich mit der Adresse des Boatyards in den USA und bekam darauf einen Service für 250USD im Monat. Der Support reagierte sehr kulant auf meine Anfrage, erstattete mir den Betrag zurück und half mir bei der erneuten Einrichtung mit unserer Heimadresse in der Schweiz. Doch dazu musste ich zumindest kurzzeitig einen Internet-Zugang über WiFi bekommen. Die freundliche Dame in der Marina erfüllte meinen Wunsch verständnisvoll und schenkte mir gleich auch noch ein paar Cookies als Aufsteller. Dann waren wir auf einen Schlag wieder Online mit Mobile Roam Unlimited zu 72CHF. So darf ein Tag ja gerne beginnen!
Bei der Einfahrt nach Norfolk durch den Elizabeth River kommen wir wieder an der imposanten Naval Base vorbei, der grössten der USA. Mehrere riesige Flugzeugträger, Zerstörer und Transportschiffe liegen bereit für den nächsten Einsatz. Das Ganze bietet eine ziemlich einschüchternde Kulisse, so nahe vor derart viel Kriegsgerät durchzufahren. Doch alles ist hier ziemlich entspannt, die patroullierenden Schnellboote der Navy grüssen freundlich, selbst mit gefechtsbereitem, im Anschlag gehaltenen schweren Maschinengewehr auf dem Vorschiff….
Katrin trifft wie geplant wohlbehalten am Abend ein. Ich hole sie beim Restaurant in der Marina ab, darauf gibt es zuerst einmal ein feines Abendessen, das im Verlauf des ganzen Tages entstanden ist: Parmigiana di Melanzane.
Wir besuchen am nächsten Vormittag das Museum Nauticus, insbesondere das dort vertäute Schlachtschiff USS Wisconsin. Dieses stand bereits im 2. Weltkrieg im Einsatz und diente lange Jahre bis zum Irakkrieg in 2003. Dort nahm es die historische Rolle ein, die Tomahawk-Marschflugkörper auf Bagdad abgefeuert zu haben, die von CNN live kommentiert wurden und so die Operation Desert Storm eröffneten. Zwar auch kein Ruhmesblatt für die USA, aber dies steht an anderer Stelle… Es war interessant und eindrücklich, ein solches Schiff zu besuchen, das im Einsatz 3000 Mann beherbergte, über keinerlei Rettungsboote verfügt, vier martialische, grosskalibrige Artilleriebatterien sowie 8 Batterien für Marschflugkörper aufweist, ja allgemein nur so von Waffen strotzt. Etwas bizarr wirkte allein, dass das ganze Schlachtschiff für die Weihnachtszeit nun mit zahllosen Lichtern und Leuchten behängt ist und diverse Christbäume auf Deck herumstehen. Die Dimensionen eines solchen Schiffs sind schlicht beeindruckend, die zahllosen Auf- und Niedergänge, enge Korridore und überall in jedem Winkel wieder ein paar Kojen für die Mannschaft. Offiziere bekommen zumindest eine Kabine zu zweit oder einzeln, die Mannschaft liegt jedoch in offenen Kojen zu Dritt übereinander oft mehrere Etagen unter Deck mit minimalem Stauraum für persönliche Effekten. Ein kleiner Schrank und ein Fach unter der Matratze muss genügen.
Dismal Swamp Canal und Intracoastal Waterway
Der Wetterbericht verheisst stürmischen Wind in den nächsten Tagen rund ums Cape Hatteras, also ist der Entscheid schnell gefasst, dass wir erneut durch die Kanäle bis nach Beaufort fahren werden. Selbst dort werden wir tageweise mit Starkwind konfrontiert werden. Da die eine zu passierende Brücke und später eine Schleuse definierte Öffnungszeiten aufweist, machen wir uns am frühen Nachmittag gleich auf den Weg. Wir tuckern den Elizabeth River hoch und erreichen nach einer Stunde die Lift Bridge der Gilmerton State Road. Nach Aufruf am Funk eine Meile vorher fackelt der nicht lange und öffnet die Brücke gleich für uns. Was für ein zuvorkommender Service! Da wird eine mehrspurige Autobahn kurzzeitig gesperrt, damit ein Schweizer Segelböötchen durchfahren kann. Wir sind beeindruckt und dankbar! Bald nach der Brücke zweigt unser Weg in den Dismal Swamp Canal ab. Der ist recht untief (aber für die Shiva reichts gut aus), und Bäume ragen in die Fahrstrasse, also wird es viel Aufmerksamkeit erfordern. Wir erreichen die Schleuse, müssen jedoch noch bis zur regulären Öffnung um 15:30h noch eine Stunde warten. Bei ordentlich Wind, einem schmalen, untiefen Kanal und keiner Anlegestelle etwas schwierig. Wir wenden und ankern vorsichtig, es geht alles gut.
Nach der Schleuse kommt noch eine Strassenbrücke, die auch vom Schleusenwärter bedient wird und so sind wir um 16h im Kanal unterwegs. Wir erreichen gerade noch vor Sonnenuntergang eine Anlegestelle, das Douglas Road Dock und machen längsseitig fest für die Nacht. Der Platz ist wunderschön, mit Picknickstelle, Toiletten, mitten im Wald. Fast eine Stunde später kommt auch noch die andere Yacht, die mit uns die Schleuse passierte, in völliger Dunkelheit an. Wir helfen ihnen beim Anlegen und kehren dann zu unserem Abendessen zurück.
Der Kanal führt durch einen Nationalpark, wurde von Sklaven im 19.Jh von Hand ausgehoben und ist landschaftlich sehr schön, allerdings wenig abwechslungsreich. Zwei schnurgerade Teilstrecken führen in direkter Linie nach Elizabeth City, mit Ein- resp. Ausgang entlang einem mäandrierenden Flusslauf. Der Ausgang im Süden wird wieder durch eine Schleuse begrenzt, deren Öffnung um 11h wir mit zwei weiteren Segelyachten perfekt timen. In Elizabeth City wollen wir eigentlich an den städtischen Liegeplatz, nur hat dort eine Amerikaner derart doof festgemacht, dass er gleich Platz für zwei beansprucht. Er zeigt keinerlei Anstalten seine Yacht ein Stück weit zu verholen, sodass wir an anderer Stelle an einer hohen, rauhen Kaimauer festmachen müssen. Der Tag klingt bei einem sehr guten Abendessen in der Stadt und einem ausgedehnten Spaziergang aus.
Der nächste Tag führt uns über längere offene Teilstücke, bei denen wir die Genua setzen können und so segelnd mindestens gleich schnell wie unter Maschine vorankommen. Wir haben uns ein gutes Stück Weg vorgenomen und sind auch gleich bei Sonnenaufgang los. Doch als wir die Aligator River Bridge gegen Mittag erreichen, meldet uns der Brückenwart, dass der Mechanismus defekt sei… man arbeite daran. In Anbetracht des auf den Abend hin angekündigten Sturms beginne ich mir langsam Sorgen zu machen und alternative Ankerplätze zu suchen, die ausreichend sicher sein könnten. Jedenfalls können wir unser Tagesziel vergessen. Nach fast zwei Stunden warten dann die erlösende Nachricht: die Brücke öffnet. So erreichen wir doch noch erneut kurz vor Sonnenuntergang einen geschützten Ankerplatz weit hinten in einem Bogen des Alligator Rivers. Es bläst heftig mit über 30kn und heftige Regenschauer prasseln aufs Deck, doch der Anker hält gut und wir liegen recht ruhig (abgesehen vom Pfeifen des Windes in den Wanten). Die Heizung verschafft uns einmal mehr wohlige Wärme unter Deck.
Am nächsten Morgen warten wir, bis der Wind etwas nachlässt. Ich widme mich diversen kleinen Arbeiten. Das Starlink-Kabel wird fertig hinter den Navitisch eingezogen, ich versuche einen «Geheimtipp» zum Abdichten des Wärmetauschers (Paprika, hat aber nichts genützt) und bringe unser automatisches Tracking zum Laufen. Dann machen wir uns auf durch das erste Stück Kanal des Intracoastal Waterways. Dank der Bäume sind wir gut geschützt vor den seitlichen Winden, wir sind fast alleine unterwegs. Wir müssen zwei Brücken unterqueren, deren lichte Höhe augesprochen knapp für die Shiva ist. Im langsamen Schritttempo nähern wir uns jeweils an, bis ich erkennen kann, dass «nur» die Antennen an der Unterseite der Brücke kratzen (nicht aber das teure Windinstrument abbricht…). Dummerweise weisen diese beiden Brücken keinen Pegelstand auf, der einem vor Durchfahrt ein Indiz geben könnte. So erreichen wir den Lauf des Pungo Rivers und ankern dann vor Belhaven für die Nacht.
Der vierte Tag durch die Kanäle ist dann sehr entspannt. Wir wissen, dass es zeitlich gut reicht. Das Wetter ist gut und endlich etwas wärmer. Die Brücken sind ausreichend hoch (und weisen erst noch einen Pegel auf). So legen wir am frühen Nachmittag am Fuel-Dock in Beaufort an. Wir füllen unseren Dieseltank wieder vollständig auf (240lt), und erst noch zu unschlagbarem Preis von 1CHF/lt. Katrin gönnt sich eine Dusche an Land, doch der Marinaplatz ist uns definitiv zu teuer: der Dockmaster hätte fast 200USD verlangt (3.7USD per ft). Dafür feiern wir meinen Geburtstag und ordentlichen Rentnerstatus bei feinen Drinks und leckerem, üppigem mexikanischem Essen in der Stadt. Da sich unsere Weiterfahrt aufgrund der Windprognose verzögert, gehen wir am nächsten Abend gleich nochmals dorthin…
In Beaufort finde ich bei einem HW-Store eine Epoxy-Knetmasse von JBWeld. Mit der nehme ich den nächsten Anlauf zur Abdichtung des Wärmetauschers. Und diesmal hat’s tatsächlich geklappt. Drei Wochen später ist der immer noch dicht und hat nun doch einige Motorstunden überstanden. Auch die lecke Mischbatterie an der Spüle wird nun durch eine neue ausgetauscht, die Katrin aus der Schweiz mitgebracht hat. Dank den ruhigen Verhältnissen können wir nun endlich auch den Genaker auf die Rollanlage aufziehen und dann verstauen. So wird einiges an Platz unter Deck wieder frei.
Passage Beaufort nach Abacos
Mir war immer sehr bewusst, dass die Passage von der US-Ostküste zurück in die Bahamas herausfordernd werden kann. Aufgrund der Windprognose eröffnete sich jedoch ab Montag 18.11. ein ganz passables Wetterfenster dafür. Die ersten 36h sollten wir mit Halbwind, also von der Seite gut vorankommen, die letzten 24h versprachen Wind von hinten (also raumschot). Jedoch in der Mitte mussten wir Wind gegenan erwarten, sowie den Durchzug einer Front. Nun, es kam mehr oder weniger wie vorhergesagt. Nach dem ersten Tag hatten wir 168NM zurückgelegt. Die beiden Damen an Bord litten zwar etwas an Seekrankheit, schliesslich war es ihre erste Passage auf Hochsee. Doch sie absolvierten standhaft ihre Wachen selbst durch die Nacht und am zweiten Tag waren beide wieder fit. Dann mitten in der zweiten Nacht um 01h kam die befürchtete Wetterverschlechterung halt doch. Wir hatten bereits zuvor gerefft, nun wechselten wir von der Genua auf die viel kleinere Fock und mussten fortan hart am Wind segeln. Bei Böen gegen 30kn und 2-3m hohen Wellen eine sehr anstrengende Sache, die echt keinen Spass mehr macht. Nur noch reine Pflicht, Durchalten ist angesagt. Wir versuchen trotzdem etwas voranzukommen, doch die drei Wenden verlängern unsere Strecke nur um weitere 100NM, während wir nur knapp ebensoviel unserem Ziel näherkommen. Dazwischen, bei Durchzug der Front, nehmen wir die Maschine für einige Stunden zu Hilfe und motoren direkt gegen den Wind und die Wellen.
Endlich dann, viel später als prognostiziert, beginnt der Wind in der dritten Nacht etwas zu drehen und auf ertägliches Mass nachzulassen. Eine kurze Überschlagsrechnung ergibt, dass wir bei schneller Fahrt von etwa 7kn noch am selben Abend in den Abacos ankommen könnten, also keine vierte Nacht anhängen müssten. Also versuchen wir dies und setzen um Mitternacht von der Fock zurück auf die Genua. Nach und nach können wir die Segelfläche vergrössern, der Wind erlaubt uns immer mehr auf Kurs zu kommen und wir kommen in der Tat immer schneller voran. So fliegen wir den ganzen Tag über mit 8-10kn unserem Ziel entgegen. Katrin blühte wieder auf, nachdem sie den ganzen Tag zuvor noch elend in ihrer Koje lag. Und wirklich, wir fahren um 20h, zwar im Dunkeln aber doch recht ruhig und immer noch unter Segeln, durch einen breiten Cut hinter das Riff und lassen den Anker kurz darauf in einer weiten Bucht beim Strangers Cay in den Sand fallen, bei einer Wassertiefe von 2m unter dem Kiel! Unsere Passage bedeutete 563NM in 84h, wovon 516 unter Segeln und einem sehr ansprechenden Schnitt von 6.7kn.
Der Platz ist zwar nicht optimal, weil dem starken Wind ausgesetzt. Doch verglichen mit den bisherigen drei Nächten der Passage geniessen wir das Wiegen durch die Wellen und schlafen alle richtig gut. Am nächsten Tag suchen wir uns nach einem reichhaligen Frühstück dann einen besser geschützten Ankerplatz. Dieser Tag brachte nochmals viel Wind, so wollten wir den erst mal vorbeilassen. Wir finden den in einer Bucht hinter dem Great Sale Cay, allerdings erst im zweiten Anlauf. Die zuerst angepeilte Bucht hinter dem Strangers Cay rollte viel zu heftig. Nun waren wir richtig in den Bahamas angekommen!
Ach ja, und wie üblich hinterliess die schwere See, vor Allem die Schläge beim Aufprall der Wellen doch noch einige Schäden, die ich jedoch erst nach und nach entdeckte. Im Vorschiff riss es den Wassermacher aus den vier Halterungen. So hing der nur noch an zwei Kabelbindern fest. Nun, ich habe den Wassermacher neu nach unten abgespannt, damit er sich bei rauher See nicht mehr vertikal bewegen kann. Neue Füsse habe ich im Werk in FR bestellt (40EUR das Stück!). Am Elektrotableau brachen die Halterungen des Batterietrennschalters ab (Kunststoff halt…), da hab ich nun auch einen neuen bestellt. Und im Achterschiff riss sich der Isolations-Transformer für den Landstrom von der Rückwand los und musste neu angeschraubt werden.
Abacos
Mit der Ankunft in den Bahamas und dem Nachlassen des Nordwinds wurden die Temperaturen schlagartig sommerlich. Auch das Wasser ist nun deutlich wärmer und dazu herrlich türkisfarben. Unseren ersten genussvollen Halt legen wir am Folgetag beim Pensacola Cay ein. Wir erkunden die Insel, wandern entlang der Atlantik-Küste nach Norden bis zum sogenannten «Naming Tree». Zahlreiche Segler haben an einem Baum aus Schwemmholz und Abfällen einen Eintrag ihres Besuchs hinterlassen. Wir verewigen die Shiva auch auf einem Stück Holz mit dem Taschenmesser. Der Rückweg geht dann durch die die Lagune auf der anderen Seite, oft watend zwischen den Mangroven.
Schliesslich wird es an der Zeit, dass wir die Einreise-Formalitäten für die Bahamas erfüllen. Mittlerweile lässt sich vieles Online auf der Website Click2Clear erledigen, wenn auch etwas mühsam. Nach etlichen Anläufen und vielen Einträgen habe ich alles erfasst und sogar die Kosten der Cruising Licence für 3 Monate beglichen (300USD). Jetzt müssen wir nur noch bei einem Customs&Immigration Officer vorbei, um diese provisorische Cruising License, sowie die Pässe der Crew abzustempeln. Eine auf dem Weg liegende Marina von Spanish Cay hätte sich da angeboten, doch auf Anfrage via Funk verlangen die 125USD allein für den Besuch des dort liegenden Büros! Wir lehnen dankend ab und versuchen es im Frachthafen von Abacos in Coopers Town. Freundlicherweise vermittelt mir die Dame aus der Marina via Funk den Kontakt zu Customs&Immigration dort und bestätigt mir, dass jemand anwesend sei. Also fahren wir in den Hafen, legen längsseits an der hohen Kaimauer an und ich beginne mit der Suche nach einem Büro. Der Hafen sieht aber ziemlich verlassen aus, alles ist abgesperrt und am Kai liegt ein verrostetes Frachtschiff. Es sei zu verkaufen, wird aber wohl nicht einmal den Metallpreis wert sein… Schliesslich finde ich beim Eingangstor eine nette Dame in einem Auto, ganz vertieft in ein Lehrbuch über Business Administration. Sie sei die Hafenmeisterin, und wir wohl das über Funk angekündigte Segelschiff. So gab sie dem C&I Officer telefonich Bescheid. Diese Dame traf wenig später ein, führte mich ins Büro, das abgesehen von einem Pult, zwei Stühlen und einem Regal voller Akten leer und kahl war. Sie konnte zwar die Pässe abstempeln für die Einreise, aber die Cruising License müsse ich gefälligst selbst ausdrucken… Also zurück an Bord, den seit Jahren nicht mehr benutzten Tintenstrahldrucker in Betrieb nehmen und den Laptop verbinden. Nach einigem Hickhack bekam ich dies dann doch endlich hin und ich konnte mit den zwei Ausdrucken zurück in ihr Büro und alles löste sich in Minne auf. Sie stempelte, wünschte schönen Aufenthalt und die Sache war erledigt. Kostenfrei.
Unser nächster Halt war dann Nunjack Cay. In der Bucht kommen Stingrays ganz nah zum Strand und streicheln einem um die Füsse. Das Erlebnis ist faszinierend, wenn auch anfangs etwas unheimlich. Fischer verfütterten hier die Abfälle von Conchs, was die Tiere hier ansiedelte. Am nächsten Morgen treffen nach und nach immer mehr Tagesausflügler ein, um diese Attraktion zu erleben. Ich komme ins Gespräch mit einer amerikanischen Familie aus Washington DC. Sie bewundern unsere Yacht und erkennen deren Qualitäten, möchten sie doch selbst in einigen Jahren mit den beiden Kindern für einige Zeit auf eine Yacht ziehen, ausgehend vom Mittelmeer. Der Vater erwähnt beiläufig, dass er bei der Coast Guard arbeite. Ich erwähne meine Sorgen mit der Erneuerung unseres Flaggenscheins in der Schweiz, wozu ich die Unterschrift eines nautischen Experten benötige, der uns die Seetüchtigkeit bescheinigt. Ob er dies nicht für mich machen würde? Aber klar doch, kein Problem, sofern damit eine Besichtigung unserer Yacht verbunden sei. So kam ich unverhofft und einfach zu meiner Bestätigung, die mir seit Juni auf dem Magen lag, im Gegenzug für ein Bier statt des formal sonst notwendigen Gutachtens, das sicher min. 1000USD gekostet hätte. Und dieser nautische Experte ist nichts geringeres als Commander bei der USCG und Naval Warship Captain! Was will da unser Schweiz. Seeschifffahrtsamt noch mehr? Heute liegt unser bis Dezember 2027 verlängerte Flaggenschein daheim im Briefkasten. Yippie!!!
Beim Green Turtle Cay schnorcheln wir ein Wrack, und später bei steigendem Wasser erkunden wir mit dem Dinghy die mit Mangroven bewachsene Lagune. Im Innern der Insel begegnen wir zahlreichen Turtles, die im klaren, seichten Wasser gut aus dem Dinghy heraus zu beobachten sind. Der Ausflug begeistert uns sehr! Am Abend besuchen wir dann die kleine Siedlung und lassen es uns bei Drinks und einem üppigen Essen gut gehen. Schliesslich wollte Katrin endlich auch einmal eine bewohnte Insel sehen, nachdem wir bisher nur unbewohnte, einsame Cays besucht hatten. Langsam neigt sich jedoch Katrins Aufenthalt dem Ende zu und wir müssen schauen, rechtzeitig zu ihrem Abflug Nassau zu erreichen. So kommen dann einige längere Schläge hinzu, die wir ungeachtet des fehlenden Windes halt zum grossen Teil unter Maschine zurücklegen müssen.
Wir legen allerdings doch noch einen Zwischenhalt bei einem Tauchplatz direkt hinter dem äusseren Riff ein, beim Fowl Cay. Dort können wir im weissen Sand zwischen mehreren Bommies ankern und direkt von der Badeplattform aus zu den Korallenköpfen hinüber schnorcheln. Dank schönem Wetter leuchten die Farben der noch lebendigen Korallen, es hat zahlreiche Fische und so dürfen wir auch noch ein erstes Highlight unter Wasser erleben.
Nassau
Die letzte Passage für Katrin von Eleuthera hinüber nach Nassau wird zum echten Genuss. Bei achterlichen Winden segeln wir die meiste Strecke unter Genaker und gleiten lautlos durchs tükisfarbene, flache Wasser. Die Wassertiefe ist selten mehr als 3m unter dem Kiel. Die 43NM lange Passage können wir zum grössten Teil unter Segel absolvieren. Bevor wir in den Trubel der Stadt Nassau eintauchen ankern wir nochmals eine Nacht ausserhalb beim kleinen Green Cay. Die Lichter der Stadt leuchten herüber, sodass man die Sterne kaum mehr sieht. Welch ein Unterschied gegenüber dem Norden von Abacos, als die Nächte noch wirklich pitch-black waren und damit Millionen von Sternen sichtbar waren.
In Nassau ankern wir wie diesen Frühling wieder in der Montague Bay vor dem Fort und können so mit dem Dinghy auf kurzem Weg direkt hinüber zum Sandstrand. Wir decken uns mit Spirituosen (günstiger als in der CH), Gemüse und Früchten (min. doppelt so teuer wie bei uns!!!) und Anti-Hystaminen ein. Katrin und Brigitt wurden von Insekten traktiert, ich wurde auf der Passage von einer Wespe gestochen. Wir machten alle drei ziemlich heftige allergische Reaktionen, die sich aber dank der Medikamente bald zurückbildeten. Zum Abschluss der dreiwöchigen Reise gönnten wir uns ein Abendessen im The Poops Decks mit Aussicht über die East Bay von Nassau und liessen die Zeit Revue passieren. Es hat definitiv Spass gemacht! Ja, wir schätzen solche Gesellschaft sehr, bringt sie doch Abwechslung und Gesellschaft an Bord.
Am Morgen bringe ich Katrin zum Strand und wir suchen für sie ein Taxi zum Flughafen. Nach einigen Fehlschlägen spricht sie eine Dame an und sucht ihr ein Taxi zu vermitteln. Als ich dazustosse und wir uns unterhalten, meint sie, sie bringe Katrin doch gleich selbst zum Flughafen. Jump in! Vielerorts ist man wirklich herzlich gut aufgenommen in den Bahamas.
Tracks – 1 – Deltaville to Abacos & Nassau
Dauer | 10.11.2024 | 02.12.2024 |
Anzahl Tage auf See/ Nachtfahrten | 36 | 4 |
Meilen Total/ davon unter Segel | 1’056NM | 617NM (58%) |
Motor-h | 77h | 439NM |
Und zum Schluss noch einige Erfolgsmeldung aus der ToDo-Liste: Mittlerweile konnte ich den Ladestand der BOS LE300 Lithium-Batterien in die Anzeige des Victron Cerbo resp. GX-Touch integrieren. Diese parallel zu den 5 konventionellen AGM Batterien angeschlossene Einheit soll diese ergänzen und deren Lebensdauer verdoppeln. Nun kann ich deren Verhalten wirklich überwachen. Auch der Victron Inverter kommuniziert endlich direkt mit dem Cerbo und lässt sich damit auch über das GX-Touch am Navi-Tisch bedienen (und nicht mehr allein via Smartphone-App). Diverse Firmware Updates lösten dieses Problem fast von alleine. Und dann konnte ich den Sensor des Dieseltanks im Salon auch mit dem Cerbo verbinden, sodass dessen Füllstand auf dem GX-Touch abgelesen werden kann. Die anderen beiden folgen, sobald ich wieder genug Kabel bekomme.