Ich muss mir wohl vorwerfen lassen, mich viel zu schlecht auf diesen Törn vorbereitet zu haben. Jedenfalls hatte ich kaum eine Vorstellung von dem, was uns schliesslich alles zu überraschen vermochte. Zwar hatte ich schon von all den berühmten Namen wie Capri, Ischia, Amalfi und natürlich auch vom Stromboli gehört. Aber vielleicht war dies ganz gut so, denn so begegneten wir diesen ohne grosse Erwartungen und waren schlicht beeindruckt.
Gleich neben Napoli, in Pozzuoli kam unsere neue Crew Gabi & Rene für zwei Wochen an Bord. Erstmals seit der Abfahrt von Ameglia legten wir wieder einmal in einer Marina an, damit der Einstieg problemlos wird. Ausserdem war uns während der Überfahrt von Sardinien die Windanzeige ausgestiegen, also musste ich erst mal wieder den Mast hoch, um den Windgeber zu kontrollieren. Die Überwurfmutter an der Stange war gebrochen, der Windgeber hing nur noch lose herunter. Erstaunlich, dass der bei der Überfahrt nicht verloren gegangen ist. Allerdings lässt sich die Kunststoff-Mutter (Wert wohl einige €) nicht allein ersetzen. Stattdessen muss ich gleich einen neuen Windgeber besorgen, den ich glücklicherweise bei einer Raymarine-Vertretung in der Nähe bekomme (Kosten 375€!). Nachdem wir noch im Supermarkt unsere Vorräte (insbesondere auch Glacé!!!) aufgestockt haben geht es gleich wieder los. Die Marina hat kein Einsehen und will selbst für die paar Stunden gleich 60€ als Liegegebühr. Einmal zeigt sich so, wie wertvoll unsere Autonomie ist, insbesondere in diesen extrem teuren Revieren im Mittelmeer. Die Liegegebühr geben wir künftig lieber für gutes Essen und Drinks aus …
Die erste begeisternde Neuentdeckung für uns ist dann das Städtchen Procida auf der gleichnamigen Insel zwischen Neapel und Ischia. Wir ankern vor der Marina Corricella. Dorthin schaffen es keine Autos, die Bucht ist dort allein über steile Treppen zu erreichen und präsentiert sich in einem bunten Mosaik von Pastellfarben. Hoch oben thront die Terra Murata mit (zerfallendem) Kastell, Kloster und früherem Gefängnis. Überhaupt, die Italiener hatten ihre schönen Inseln oftmals für die Entsorgung missliebiger Zeitgenossen eingesetzt. Zumindest wurde ihnen oft eine Zelle mit Meerblick gegönnt (… wobei die unrühmlichen Taten selbst den Ruf der Inseln und Orte beschädigten).
Und dann ging es nach Capri, das gleich gegenüber am Südrand des Golfo di Napoli liegt. Wir ankern an der S-Küste in der Marina Piccola unter imposanten Felswänden und mit Blick auf die drei Felstürme der Faraglioni. Die Bucht ist tagsüber dicht verstellt mit zahlreichen Motorbooten (bis hin zu diversen Megayachten). Schliesslich trifft es uns auf das Wochenende, das zahlreiche Neapolitaner zum Badeausflug mit Picknick nutzen. Wir sind als Segelyacht fast schon ein Exot, aber weil wir jeweils bis zum Nachmittag warten, erwischen wir doch noch etwas Wind für die meist kurzen Überfahrten. Am Morgen früh machen wir uns zu Fuss auf ins Städtchen Capri und auf gut markiertem Pfad hinauf zum Monte Solaro (hätte auch eine Sesselbahn von Anacapri aus, ist aber bekanntlich nichts für uns!). Da das Dinghy nicht an Land gelassen werden kann, bringe ich dies nach dem Übersetzen zurück zur Shiva und schwimme dann ans Ufer. Bei der Rückkehr sticht mich eine Feuerqualle recht übel an den Armen. Ausflugsboote umrunden tagsüber im Minutentakt die Insel, die Fahrgäste alle sauber hinter Gesichtsmasken verpackt. Bei den zahlreichen Höhlen soll jeder rasch vom Boot aus einen Einblick bekommen, so entsteht vor dem Eingang oftmals ein Gedränge. Wir setzen am Morgen früh auf dem SUP zur Grotta Biancha hinüber und haben die für uns alleine.
Der nächste Zwischenhalt führt uns an die Amalfi-Küste nach Positano. Wir geniessen bei gutem Wind eine flotte Überfahrt unter Segeln. Bei der Losfahrt gestattet dies sogar eine Durchfahrt raumschot zwischen den Faraglioni hindurch. Bei Ankunft in der Bucht von Positano hat der Wind mittlerweile auf über 20kn aufgefrischt. Wir wären schon bereit gewesen, die Shiva an eine der zahlreichen Moorings zu legen, jedoch ist uns der Preis mit 80€ immer noch prohibitiv. Nach etwas suchen ankern wir schliesslich gut vor einem kleinen Sandstrand. Am Morgen erkunden wir die an den steilen Hang geklebte Stadt mit ihren verwinkelten Stiegen und steilen Treppen. Ein Bild erinnert uns nun im Salon an diese ausgesprochen schöne Gegend.
Am Nachmittag überqueren wir wieder meist segelnd den Golfo di Salerno südwärts und übernachten dann in der sehr lauschigen, Bucht von Ogliastro. Um schliesslich zu den Liparischen Inseln zu gelangen wird dann doch eine Nachtfahrt erforderlich. Am frühen Morgen erreichen wir Stromboli im Sonnenaufgang, knapp die Hälfte der Strecke von 80NM legten wir unter Segel zurück, den Rest erledigte unsere Maschine einmal mehr sehr zuverlässig. Die Tage in den Äolischen Inseln, deren Name vom Gott des Windes stammt, sind heiss und sehr windarm, ha! Aber zumindest müssen wir uns so auch keine Sorgen am jeweiligen Ankerplatz machen. Der Stromboli überrascht uns mit seinem periodischen Gerumpel, das bis hinab ins Dorf zu hören ist. Bei Sonnenuntergang wandern Brigitt und ich zu einem Beobachtungspunkt an der Schiara del Fuoco und sind tief beeindruckt von der Vulkanaktivität. So lassen wir den Stromboli das Feuerwerk zum 1.August speien und verbringen eine Nacht vor der Küste treibend.
Nach dieser Nacht vor der Schiara del Fuoco ankern wir am Morgen dann zum Baden in einer Bucht bei Panarea. Mit dem Wind am Nachmittag setzen wir dann nach Vulcano über, lassen die Hauptinsel Lipari also steuerbord liegen. Eine kurze Wanderung zum Cratere auf Vulcano bietet einen wunderbaren Ausblick über die Inselgruppe und eindrückliche, geruchsintensive Erlebnisse bei der Durchquerung des Feldes mit Fumarolen.
Schliesslich zieht es uns noch auf eine der ganz kleinen Inseln ganz im Westen der Gruppe, nämlich nach Alicudi. Hier ist nun wirklich alles nur noch extrem steil, selbst unter Wasser. Ankern ist kaum möglich, der Grund fällt so schnell steil ab, dass in sicherer Distanz zum Ufer das Echolot bereits über 40m anzeigt! Also nehmen wir eine der Moorings, verbunden mit der Verabredung für den Abend zu einer üppigen Tavolata. Hier gibt es keine Autos, der Transport erfolgt seit jeher mit Mauleseln. Wir sind schlicht verzaubert, dies ist ein Ort zum ultimativen Herunterfahren.
Die Rückkehr in den Golf von Napoli, wo unsere Crew wieder aussteigt, gestaltet sich leider mehrheitlich als Fahrt unter Maschine. Nach einem erneuten Zwischenhalt vor Capri besuchen wir zum Abschluss noch das malerische Sant Angelo an der Südküste von Ischia. Ohne Crew fahren Brigitt und ich weiter nordwärts, erst nochmals zu den Pontinischen Inseln, dann nach Giglio, weiter nach Porto Azzurro auf Elba und schliesslich in den Golfo di La Spezia. Allen Bemühungen zum Trotz, meist mussten wir die Strecke unter Maschine zurücklegen und trafen eine spiegelglatte See an.
Insgesamt war dies jedoch eine sehr entspannte, erfreuliche Saison 2020. Mit den nun vorgenommenen Änderungen, insbesondere dem neuen Generator, hat sich die Shiva als bereit für die nächste Langfahrt erwiesen. Wir konnten mit den 6 Wochen an Bord alle Systeme, sowie die Autonomie prüfen und es hat sich wirklich recht gut bewährt. So macht das Leben an Bord Spass, es ruft nach einer Fortsetzung. Mal sehen, wie es dann nach oder mit Corona in 2021 aussieht.