Nun liegt also auch diese längste Passage mit 2048M über offene See hinter uns. Nach all den Vorbereitungen und der erfolgreichen Passage zu den Kapverden erschien uns dies nicht mehr so beunruhigend wie auch schon, aber die Anspannung war sicher vorhanden. Insbesondere Freunde und Bekannte machten sich offenbar grosse Sorgen, sodass wir dachten, es sei vielleicht doch besser, diese Passage nicht nur zu Zweit anzugehen. Nun gut, wir verstärkten uns dann auch, allerdings hätten wir es zu Zweit wohl schöner und stressfreier gehabt. Zumindest kamen wir zu Dritt wohl zu etwas mehr Schlaf.
Eine Mitseglerin von Michael Wnuk blieb auf den Kapverden stecken, da sie die Kosten der Passage mit der SY Marlin von 4000EUR nicht tragen wollte. Iris, eine 50 jährige Berufs-Aussteigerin aus Ost-Berlinerin, reist seit vier Jahren auf Segelschiffen vorwiegend im Mittelmeer und wollte nun auch mal über den Atlantik. So liessen wir uns darauf ein, sie nach einer Probewoche mitzunehmen. Wegen ihrer Zahnarzttermine mussten wir unsere Abfahrt bis zum 3. Dezember zurückstellen, und stockten unsere Vorräte für die zusätzliche dritte Crew auf. Dies ist auf den Kapverden ziemlich schwierig, da die Auswahl recht eingeschränkt oder teuer ist. Als wir von den Kanaren losfuhren, hatten wir uns recht gut eingedeckt, allerdings nur für zwei Personen und waren so bereits für die drei Wochen auf den Kapverden etwas knapp.
Die Windprognose verhiess auf dem direkten Weg nach Westen eine lange Strecke in der Abdeckung von Santo Antao, wo eine knapp 2000m hohe Bergkette hinaufragt. Also legten wir erst eine kurze Strecke bis an dessen SW-Küste zurück und ankerten nochmals eine Nacht in der Baia de Monte Trigo. Da wir erst spät eintrafen und der Anker erst im dritten Versuch endlich hielt, reichte es nicht mehr zu einem Landgang. Aber wir schliefen nochmals eine ruhige Nacht lang.
Am nächsten Morgen stachen wir dann in See Richtung Barbados. Schon nach wenigen Meilen setzte der Passat mit gut 15kn ein und wir konnten unter Raumkurs mit vollen Segeln bei durchschnittlich 7kn losrauschen. Und so blieb es auch die ersten beiden Tage und Nächte, in denen wir jeweils über 160SM zurücklegten. Am dritten Tag liess der Wind deutlich nach und erreichte selten noch 12kn, zu wenig ist um überhaupt noch 5kn Fahrt zu erreichen, abgesehen davon dass die etwa 2m hohen Wellen immer wieder die Segel schlagen liessen. So setzten wir eben den Genaker und liefen damit wieder ansprechende Geschwindigkeit, erreichten aber nur noch gut 130SM pro Tag.
Am fünften Tag drehte der Wind immer mehr von NE auf E, sodass wir mit der bisherigen Segelstellung den Kurs entlang des Grosskreises nicht mehr halten konnten. Aber er frischte auch wieder auf durchschnittlich 15kn auf. Also wechselten wir zurück auf die Genua und baumten diese auf der Gegenseite des Gross aus, eine Segestellung die auch Butterfly genannt wird. Der Baum wurde mit einer Bullentalje vor einem ungewollten Überschlagen gesichert. Mit dieser Segelstellung kamen wir schliesslich die weiteren 8 Tage platt vor dem Wind durch. Zog der Wind wieder etwas an, refften wir die Segel. Allerdings blies dieser recht böig, mit Spitzen auch mal über 25kn. Der Autopilot steuerte dies meist recht ordentlich aus, war aber dann auch mal überfordert, bis ich mich endlich auf’s Reffen einliess. Speziell wenn Regenwolken vorbeizogen, durfte man mit stärkeren, böigen Winden rechnen. Fast jeden Tag gab es auch mal einen kurzen Regenschauer, allerdings brachte dieser bei den tropischen Temperaturen eher eine willkomene Abkühlung.
Schleppgenerator und Sonnenpanels erzeugten tagsüber jeweils ausreichend Strom, dass die Batterien ihren Ladestand behielten und Elektronik, Autopilot als auch Kühler versorgten. Den Wegfall der Sonnenpanels in der Nacht kompensierten wir jeweils am Morgen oder Abend mit einigen Generator-Stunden. Diese dienten auch dazu, unseren Süsswasser-Bestand mit dem Wassermacher jeweils wieder aufzufüllen. Allein, am vorletzten Tag liess sich dann plötzlich der Generator nicht mehr starten … zum Glück hielt er bis dahin! Ein Elektriker in Barbados konnte die Ursache zum Glück rasch lokalisieren und wieder beheben: Einer der Drähte an einem Relais war gebrochen.
Überhaupt, es gab auf der Passage immer mal wieder etwas zu flicken (was allerdings unserer 3. Crew irgendwie abging). Einmal stieg der Kühlschrank aus und verlangte, dass wir die Zuleitung und Seewasserpumpe ausbauen und durchspülen mussten. Der Generator bedurfte auch immer mal wieder etwas Zuspruch, leckte irgendwo doch Kühlflüssigkeit, sodass er heiss zu laufen drohte. Zwei Mal verwickelte sich der Silk der Angelrute mit der Leine des Schleppgenerators, sodass wir diesen einholen und wieder mühsam entwirren mussten. Der Rückschlag der Rute beim Zerreissen des Silks brach die GPS-Antenne vom Geräteträger weg. Diese konnte ich dann trotz bewegter See wieder behelfsmässig mit Epoxy festkleben. Wir unterliessen ab dann weitere Versuche zu fischen. Der Isolation-Transformer löste sich von der Bordwand und fiel zwischen die Ruderanlage, beschädigte zum Glück dort die Hydraulikschläuche nur oberflächlich. Also galt es den alten Leim abzustossen und die Bodenplatte mit Sikaflex neu festzukleben. Zwei Mal brach die Genua-Schot an der Nock des Spi-Baums. So brachte ich, wie mir von einem Kollegen eigentlich empfohlen worden war, doch einen Block am Spi-Baum an, und siehe da, die Schot hielt danach bis nach Barbados. Man lernt eben meist erst aus Erfahrung … sic.
Der Seegang erschwerte alle Tätigkeiten an Bord recht erheblich, angefangen von der Zubereitung der Mahlzeiten, dem Abwaschen oder nur schon sich an Bord zu bewegen. Aber schliesslich gewöhnten wir uns daran. Es verlangte auch entsprechende Vorsicht und Überlegung, damit nichts herunterfiel, ausleerte oder zu Bruch ging. Wir kamen recht gut damit zu Rande, kochten uns einmal pro Tag eine feine Hauptmahlzeit und hatten sonst viel Zeit zum Lesen oder schlicht zum Beobachten und Herunterfahren. Allerdings führten die Sonderwünsche und Oberflächlichkeit unserer Mitseglerin zu einer psychischen Anspannung, die wir zusätzlich zu bewältigen hatten und auf die wir gerne verzichtet hätten. Sie war uns eine Hilfe bei den Wachen, aber damit hatte es sich fast schon. Sinnigerweise war sie wohl speziell vom Pech verfolgt, handelten wir uns doch meist während ihrer Schichten erhebliche Kursabweichungen ein, die Brigitt und ich dann wieder zu kompensieren hatten. Wir begegneten auf der ganzen Überfahrt in 12 Tagen gerade einmal 3 Frachtschiffen und überholten 2 andere Segler. Diese waren aber allein auf dem AIS zu sehen und mehrere Meilen entfernt. Zumindest konnten wir per Funk von den Frachtern eine aktualisierte Wetterprognose anfragen.
Nach 12.5 Tagen Überfahrt und 2048SM legten wir mitten in der Nacht am Steg für Super-Yachten in Port Saint Charles auf Barbados an. Nach dem Einklarieren verabschiedeten wir unsere Mitseglerin und wurden gleich aus der Marina gescheucht. Yachten unter 70 Fuss sind dort nicht willkommen … wie auch die Insel offenbar mittlerweile mehr etwas für Superreiche geworden ist. Wir verbrachten volle drei Tage mit Aufräumen, Reinigen und Reparieren vor Anker und sahen sonst nicht allzu viel, abgesehen von einem Abstecher nach Bridgetown im Bus. Der Aussenborder fiel auch zwei Mal aus, und mit viel Mühe brachten ich diesen nach einigen Stunden wieder zum Laufen. Vermutlich sind dies immer noch Spätfolgen der Kenterung vor Santo Antao. Ich würde künftig Barbados nicht wieder anlaufen, die Insel ist nicht schön, teuer, und zu allem Überdruss lässt man noch eine Cruising Tax von 50USD liegen.
Nach einer weiteren gemütlichen Nachtfahrt erreichten wir die Grenadinen und ankerten gleich in den Tobago Cays und später vor Sandy Island in Cariacou. Solche Orte sind das eigentliche Ziel unserer Reise und dies durften wir gleich den ersten paar Schnorchel-Gängen erleben. Schlicht super!
Herzlichen Glückwunsch zu dem Überqueren des Atlantiks
und ein frohes neues Jahr
wünschen Dörte & Jens aus Kiel.
Hallo Hanspeter, bitte maile mir eine Mailadresse. Ich habe zwei Fehlversuche von der Swisscom zurück erhalten. Beste Grüße von Jens aus KIEL