Härtetest auf den Kapverden

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… der einem irgendwie zurück in ein anderes Zeitalter katapultiert.

Mit der Ankunft auf den Kapverden war es vorbei mit der bisher gewohnten Sicherheit, sich bei Bedarf einfach mal in eine Marina zurückziehen zu können. Strom und Wasser mussten nun mit den eigenen Bordmitteln erzeugt werden. Wollte man an Land, musste das Dinghy erst gewassert und der Aussenborder montiert werden. Und überhaupt, die Shiva liegt während unserer Landausflüge jeweils vor Anker, verbunden mit der Sorge, nicht abgetrieben zu werden. Zur Sicherheit tauchen wir jedes Mal den Anker und kontrollieren, dass dieser gut liegt und eingefahren ist.

Die ersten beiden Inseln Sal und Boavista erweisen sich als ausgesprochen karg und wüstenähnlich. Zwar gibt es zahlreiche sehr schöne, meist weisse und endlose Sandstrände mit sauberem, türkisblauem Wasser. Unter Wasser gibt das Schnorcheln aber nicht besonders viel her. Es hat zwar einiges an Fischen, jedoch kaum Korallen. Oftmals erlebten wir auch sehr starken Wind, der die See aufwühlte und für erhebliche Strömung sorgte. Ein netter Zufall brachte uns in Palmeira mit Michael Wnuk von der SY Marlin zusammen, der Experte bezüglich KW-Funk wäre. So versuchte ich unsere Anlage für den Mail-Empfang und die Abfrage von Wetterdaten auf hoher See in Gang zu bringen. Allerdings scheint dies im Moment trotz diverser empfohlener Massnahmen immer noch nicht zu funktionieren. Zumindest schaffte ich es, die Steckverbindung des Mikrofons neu zu löten, war diese doch gebrochen und sendete also nicht. So sollte nun zumindest Sprechfunk funktionieren. Bisherige Begegnungen in der Seglergemeinschaft waren immer von ausgesprochener Hilfsbereitschaft geprägt. Menschlich war diese Begegnung hingegen eher enttäuschend. Kompetenz ist ja eine gute Seite, aber wenn diese gepaart mit Überheblichkeit und Geldgier ist, wird alles andere halt überdeckt.

Nach einer ausgesprochen gemütlichen Nachtfahrt erreichten wir Sao Nicolau. Diese Insel war nun mehr nach unserem Geschmack mit Bergen und einigen grünen Tälern. Wir ankerten erst in Carrical eine Nacht und anschliessend am Hauptort Tarafal. Fuhren wir mit dem Dinghy an Land, drängte sich sogleich eine Schar Jugendlicher um uns herum, die es (selbstverständlich gegen ein Entgelt) bewachen wollten. So suchte ich mir jeweils einen anständigen, zurückhaltenden Jungen aus der Schar aus und erteilte ihm notgedrungen den Auftrag, wies jedoch die aufdringlichsten und vorlautesten prinzipiell zurück. Dies bewährte sich schliesslich recht gut. Eine sehr schöne Wanderung führte uns auf den höchsten Berg, den Monte Gordo und anschliessend über den Grat hinunter auf abenteurlichem Pfad in ein grünes Tal zum Bergdorf Fregata und schliesslich bis nach Ribeira da Prata bis fast hinab zur Küste.

Vor der als Naturschutzgebiet deklarierten Insel Santa Luzia ankerten wir auch zwei Mal. Eigentlich empfahl der Cruising Guide die Gegend zum Schnorcheln, allerdings erwies sich das eher als Fehlanzeige. Vielleicht lag es auch wieder am starken Wind (F6-7), der nicht gerade zum Baden einlud. Der Ankergrund dort erwies sich als recht problematisch mit einer dünnen Schicht Sand auf einer felsigen Unterlage. Dank ausreichender Kette und Kontrolle des Ankers hielt die Shiva jedoch ihre Position (im Gegensatz zu unserem Nachbarschiff, das etwa 100m abdriftete).

Die Begegnung mit der SY Marlin in Palmeira brachte uns in Kontakt mit Iris, die dort als Crew ausgestiegen war (wege der zu hohen Geldforderungen des Eigners, sic!) und sich uns auf der Shiva für die Passage nach Barbados anerbot. Wir vereinbarten eine Probewoche ab Mindelo und beschlossen nach positivem Ausgang dann, sie als dritte Crew für die Überfahrt mitzunehmen. Dies wird uns die Wachen deutlich erleichtern und etwas zusätzliche Sicherheit für die Passage geben.

Die letzte Woche segelten wir schliesslich nach San Antao, für uns der Höhepunkt der Kapverden. Erst ankerten wir ganz im Süden in der weiten Bucht von Tarafal de Monte Trigo vor einem schwarzen Sandstrand. Der Ort ist auf dem Landweg nur über eine Piste in gut 2-3h erreichbar und strahlt dank dieser Abgeschiedenheit eine urtümliche Ruhe und Ursprünglichkeit aus. Nette Fischer fuhren uns jeweils an Land und zurück zum Schiff. Steine und Wellen hätten ein Anlanden mit dem Dinghy gefährdet.  Zu Abend gab es in einem Strand-Restaurant guten Fisch. Zu guter Letzt biss bei der Losfahrt dann auch noch ein Fisch an unserer Angel, der für alle drei ausreichte, gleich in der Pfanne landete und sehr lecker schmeckte.

Allerdings ging es von dort aus dann nur noch gegen den Wind! Mit einem Schlag um Sao Vicente herum via Santa Luzia schafften wir es nach Porto Novo. Im Kanal zwischen Sao Vicente und San Antao herrschen recht ruppige Bedingungen mit einem durch die Berge der beiden Inseln wie von einer Düse erheblich beschleunigtem Wind und hohen, kurzen Wellen. Aber Porto Novo war der Ausgangspunkt für zwei spektakuläre Wanderungen, einmal vom Pico da Cruz ins Tal von Ribeira do Paul, einmal entlang der Steilküste von Cha de Igreja nach Ponta do Sol. Allerdings war der Ankerplatz vor Porto Novo auch wieder recht heikel, weil starkem Wind ausgesetzt. Der Anker hielt gut. Jedoch kenterten wir beim ersten Anlanden mit dem Dinghy am Strand in einer Welle. Dabei kam der Aussenborder unter Wasser und erforderte danach 3h Anstrengung (mit zwei schmerzhaften Blasen an den Fingern als Begleiterscheinung), bis er zu meiner Erleichterung am nächsten Morgen endlich wieder ansprang. Aufgrund der Erfahrung vom ersten Anlanden liess ich das Dinghy tagsüber auf der Shiva zurück und schwamm an Land, nachdem ich die Crew am Fährhafen abgesetzt hatte.

Ein etwas fahles Gefühl hinterliess uns am dritten Tag eine Gruppe Jugendlicher. Sie gaben bei unserer Rückkehr von der Wanderung am Abend vor, das Dinghy habe sich vom Schiff losgerissen und sei abgetrieben. Sie hätten es schwimmend zum Strand geborgen. Dafür wollten sie erst einmal ordentlich Geld sehen. Verhalten der Jungs und Situationen erweckten bei mir allerdings grosses Misstrauen, schliesslich gab es keine Zeugen, waren wir doch die einzige Yacht an diesem Tag vor Anker. Ist ihre Geschichte tatsächlich so verlaufen, dann wäre ich ihnen zu grossem Dank verpflichtet gewesen. Aber Berichte anderer Segler im Cruising Guide (speziell über die Inseln im Süden Santiago und Fogo, die wir daher mieden) liessen uns an der Geschichte zweifeln. Notgedrungen erhielten sie also ihre Entschädigung, die mit drei Tagesverdiensten für die Gegend und ihren Einsatz mir eigentlich grosszügig erscheint. Schade, kann dieses Archipel und deren Menschen nicht das Vertrauen erhalten, das an den urtümlicheren Orten noch vollumfänglich herrscht.

This Post Has 4 Comments

  1. Köbi Brem

    Ciao Hanspeter – ein toller Bericht der richtig neugierig macht. Bin sicher, damit kann ich nun Pia definitiv dazu motivieren, die Kapverden etwas intensiver zu besegeln, und nicht nur einen Stopp in Mindelo zu machen. LG Köbi

  2. Monika Glässer

    Es macht echt viel Freude, den Bericht zu lesen! Ich freue mich auf die Fortsetzung! Big hugs aus dem nebligen ZRH und dem stressigen Zinzikon, Monika

  3. Jens Jansen

    Aufregende Abenteuer, Höhen und Tiefen, phantastische Landschaften – toll was Ihr erlebt. Wir wünschen Euch eine gute Überfahrt und eine frohe Weihnacht aus dem kühlen und feuchten KIEL. Liebe Grüße Dörte & Jens

  4. inviaadmin

    Spannend und lustig dass ihr auch vor Carical geankert hattet. Ich stosse erst jetzt auf Euren BLOG, wir waren wohl kurz nach Euch da. Als ihr da gewesen seid, lag Pierre mit seinem kleinen HOLZBAU-Katamaran auch schon da?
    Sehr interessant auch über die Marlin und Siri usw. zu lesen. Kann da einiges nachvollziehen.
    Wir sind uns wohl schon begegnet aber unerkannt. Liebe Grüsse
    Stefan von der INVIA

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