Guter Wind war angesagt, also machten wir uns gegen Mittag auf nach Capri unter vollen Segeln. Wir querten den Golfo di Napoli in flotter Fahrt und erreichten bald den Leuchtturm an der SW-Spitze der Insel. Dort pfiff uns der Wind dann aber gewaltig von der Südseite entgegen mit gut 25kn. Also schnell reffen, abdrehen und Kurs auf die Nordseite. Wir könnten ja endlich einmal die berühmte Grotta Azzurra dort besuchen. Aber weit gefehlt, als wir das Kap auf der NW-Seite erreichen, pfeift es mit über 30kn entgegen. Also dann, Segel bergen und ins Lee der W-Seite der Insel flüchten. Wir tuckern dann unter Maschine und hoffen dort einen Ankerplatz zu finden. Doch das Ufer ist zu steil oder alles voll. Also machen wir uns doch unter Maschine und im Gegenwind auf zur Marina Piccola auf der Südseite. Dort stellen wir mit Ernüchterung fest, dass die Behörden den ganzen Bereich, der sonst zum Ankern bestens geeignet ist, abgesperrt haben. Also wird es auch nichts mit einem Landgang und Wanderung zum Monte Solaro. Frustriert gehen wir auf die E-Seite zum Ankerplatz bei der Grotta Bianca. Dort sind wir erst Mal gut, schliesslich ist auf die Nacht erneut ein Gewitter mit Böen aus W angesagt. Ein italienischer Skipper, dem ich in Procida mit seinem auch im Meer «ersoffenen» Aussenborder ausgeholfen hatte, legte sich neben uns. Eigentlich wollten wir uns an Bord besuchen, aber es rollte viel zu heftig, das Dinghy musste oben bleiben und wir hielten Ankerwache. Am anderen Morgen staunten wir nicht schlecht, als wir die Zahl von Megayachten sahen, die in der Nacht auch in diese Bucht verlegt hatten, um vor dem, Gewitter zu flüchten.
Wir segelten am Nachmittag weiter nach Positano, wo wir einen guten Ankerplatz kennen und so den fast schon unverschämten Gebühren für eine Mooring ausweichen können (80€ p.Nacht). Wir gehen an Land gut essen, geniessen die Aussicht auf die Bucht, machen Bekanntschaft mit einem britischen Paar auf Honeymoon bei Drinks am Pier und schlafen endlich wieder einmal gut und ruhig ohne weitere Gewitter. Am nächsten Tag verlegen wir nach Amalfi, wo wir Sandro resp. Coco an Bord aufnehmen. Er begleitet uns für 2 Wochen und erleichtert uns so die längeren Überfahrten zu den Äolischen Inseln sowie dann übers Ionische Meer. Da der Wind gut steht geht es nach kurzem Stadtrundgang gleich weiter auf die andere Seite des Golfo di Salerno. Dort ankern wir in der Bucht von Ogliastro am späten Nachmittag. Wir essen dort im Restaurant gut und üppig, und da der Wind eigentlich immer noch gut steht, legen wir um 23h wieder ab. In flotter Fahrt geht es so bis nach Alicudi, unserem Favoriten der Äolischen Inseln. Die ganze Strecke können wir unter Segeln zurücklegen, praktisch bis zum Ankerplatz, dies war uns bisher auf dieser Strecke noch nie vergönnt!
Am Abend wollten wir zur Tavolata an Land, aber diesmal war Dorffest zu Ehren der Patronin der Insel, Santa Agatha angesagt. Also gab es Essensstände im Hafen, Musik und das obligate Feuerwerk um Mitternacht. Das Ganze wurde zwar von einem kurzen Gewitter unterbrochen, doch blieb dies für einmal harmlos. Wir stiegen wie gewohnt am Morgen zum Gipfel des Monte Filo del Arpa hoch und genossen die Aussicht auf die ganze Inselgruppe und die kunstvoll gebauten Steintreppen. Zwar schweisstreibend, aber irgendwie ein tolles Erlebnis. Auf dieser Insel gibt es keine Motorfahrzeuge und Alles ist viel entspannter. Gut, wo sollte hier ein Motorfahrzeug fahren, es hat nur Treppen, die sich allein für Maultiere eignen. Am Nachmittag verlegen wir nach Vulcano und hoffen dort auf einen Sonnenuntergang auf dem Cratere. Die Überfahrt ist eine reine Motorbootfahrt, die See ist spiegelglatt. Darum hatten wir ja die lange Passage vorgezogen. Als wir uns auf den Weg zum Krater machen, werden wir von zwei Carabinieri empfangen. Der Weg sei wegen erhöhter Aktivität gesperrt. Etwas gefrustet zotteln wir ab und suchen uns einen alternativen Hügel für den Sunset. In einem Steakhouse lassen wir es uns anschliessend sehr gut gehen. Eine für zwei Personen gedachte Fleischplatte schaffen wir auch zu Dritt kaum.
Am Morgen weckt uns Donnergrollen und dann prasselt wirklich heftiger Regen herab. Die Böen peitschen mit 30kn durch die Ankerbucht und drehen uns nach und nach mit Durchzug des Gewitters um 270°. Ein Franzose neben uns mit gerade Mal 15m Kette unten kommt uns gefährlich nahe. Wir haben 25m gesteckt und finden dies gut so. Zu unserem Glück rutscht sein Anker mehr als 10m nach hinten, lag er doch anfangs seitlich gleichauf. So schwingen wir mit dem Heck gerade so knapp vor seinem Bug vorbei. Unser Dinghy wirkt dabei als Fender zwischen beiden Yachten. Den Aussenborder hatten wir zur Vorsicht bereits am Vorabend wieder an Bord geholt… gute Entscheidung! Dann ist der Spuk wieder vorbei und ich gehe an Land kurz einkaufen. Dort sind alle Strassen und Wege unter Wasser und vom Berg hat es jede Menge Geröll und Schlamm herunter gewaschen. Wir legen ab und fahren weiter nach Stromboli, was eigentlich entgegen unserer Richtung wäre. Aber schliesslich wollen wir doch nochmals zu diesem Vulkan hoch!
Die Fahrt dorthin können wir wieder unter Segeln zurücklegen, meist unter Genaker, was für ein Genuss! Der Weg zum Gipfel ist weiterhin formal gesperrt, es gibt keine Führungen. Zudem ist ein grosser Teil des Hangs diesen Mai abgebrannt. Statt grüner Vegetation ist der Hang schwarz. Nun denn,zusammen mit den Sträuchern sind auch die Schilder abgefackelt worden, also können wir ja formal auch gar nicht erkennen, dass der Weg gesperrt wäre. Der Aufstieg ist steil und etwas schweisstreibend, schliesslich ist der Gipfel auch über 900m hoch! Oben angekommen pfeift uns der Wind um die Ohren und lässt die Luft kondensieren. Es ist kaum zu erkennen, was nun Wolken und was Dampf ist. Erst nach Sonnenuntergang entfaltet sich dann ein wunderbares Spektakel. Wir steigen im Dunkeln ab und gönnen uns dann ein feines Abendessen auf einer Terrasse mit Blick auf den Ankerplatz.
Der kräftige Wind führt allerdings zu erheblichem Schwell. An Bord lässt es sich kaum schlafen. So gehen wir mit Sonnenaufgang auch gleich Anker auf und nehmen Kurs auf den Stretto di Messina. Die Passage durch den Stretto muss per Funk bewilligt werden, was problemlos klappt. Gleich hinter der schmalsten Stelle ankern wir vor einem schönen Strand bei Santa Agatha (schon wieder…). Schwertfischjäger kurven durch die Gegend mit den typischen Aufbauten. Auf einem hohen Turm stehen zwei im Ausguck und dirigieren den Steuermann. Auf einem ellenlangen Ausleger, der fast die doppelte Länge des Rumpfs aufweist, sitzt der Harpunier. Der muss dann mit der Harpune von Hand den Fisch treffen. An Bord wird er dann mit einem Kran geholt. Ein ausgewachsener Marlin resp. Schwertfisch kann auch 400kg erreichen.
Am nächsten Tag segeln wir an Messina vorbei bis nach Taormina, das für uns einen mystischen Ruf geniesst und ganz offensichtlich auch bei den Italienern. Hier wird festlich geheiratet und geprotzt, unglaubliche Megayachten liegen in der Bucht vor Anker, im Dorf an der Hauptgasse reihen sich Luxusläden von Gucci bis Audemars Piguet aneinander und alles ist voll mit Besuchern. Wir wollen das griechische Theater sehen, doch am Abend ist ein längst ausverkauftes Konzert von Francesco di Gregori und Antonello Venditti angesagt. Hmmm … doch wir ergattern an der Abendkasse unverhofft noch drei Tickets und kommen so zu einem zauberhaften Ambiente. Die italienischen Zuschauer singen die Texte aller Balladen lauthals mit, so wie es bei uns für Patent Ochsner wäre. Die Musik der stark angegrauten Cantautori reisst uns nicht vom Hocker, aber die Stimmung ist schlicht toll. Weit nach Mitternacht kehren wir zurück an Bord … eigentlich wollten wir ja nur kurz zu einem Apero an Land!
Am nächsten Tag geht’s weiter nach Catania. Coco’s Cousine ist mit Partner und Sohn an Bord gekommen. Auch wenn wir nur wenig zum Segeln kommen und ein weiteres Gewitter durchzieht, vergeht die Zeit mit Geplauder wie im Flug. In Catania bekommen wir einen günstigen Platz in der Marina an der äusseren Mole und können so die Shiva sorgenfrei zurück lassen, um die Stadt und insbesondere den Ätna zu erkunden. Erneut wird ein Abstecher zum Apero ins Stadtzentrum zu einer abendfüllenden Sache, laufen wir doch in eine Darbietung sizilianischer Volksmusik. Tarantella und Spizziccho sind derart mitreissend, dass man nicht sitzen bleiben kann. Die Instrumente gehen von E-Gitarre bis zu Dudelsack, Querflöte und Zieharmonika. Mitternacht ist bei der Rückkehr auch wieder längst vorbei und Catania bei uns als Highlight registriert.
Am nächsten Morgen geht’s dann früh los zum Bus auf den Ätna, resp. der Talstation der Seilbahn. Diese bringt uns auf knapp 2500m hoch. Guided Tours führen behelmte Massen erst im 4WD und dann einige Schritte in der Gegend herum, aber bekanntermassen ist dies nicht unser Ding. Wir gehen dank Maps.Me einen eigenen Weg und fnden so den Aufstieg zum Hauptgipfel. Allerdings stellen die Lavafelder der Ausbrüche von 2013 und 2015, sowie auch aus 2020 eine Herausforderung dar, wurde der Weg dort zugedeckt. Die Querung ist mühsam und verlangt viel Vorsicht, sind die Steine doch messerscharf und sehr instabil. Coco schürft sich Knie und Hände auf. Am Fuss des Kegels angekommen scheinen einige Schneefelder aus dem Schutt hervor. Der Schlussaufstieg im feinkörnigen Geröll bedeutet, dass auf einen Schritt hoch gleich ein halber wieder zurück gerutscht wird, wie bei einer Sanddüne. Nach 4h Aufstieg erreichen wir den Kraterrand auf 3260m und sehen ins Innere der Bocca Nuova. Dieser Krater dampft heftig, ähnlich einem Geysir und ringsherum sind zahllose Fumarolen mit gelbem Schwefel. Angesichts der Uhrzeit verzichten wir auf die Umrundung des ganzen Kraters und steigen in der Direttissima wieder ab. Durch das feine Geröll lässt sich bequem hinunter gleiten, fast wie durch Pulverschnee. Innert 15′ sind die mühsam in 1h erklommenen Höhenmeter vernichtet. Allerdings bleibt immer noch die Querung der Lavafelder und wir sind so eh viel zu spät für die Rückkehr per Bus. Doch Coco’s Cousine holt uns liebenswerterweise ab und bringt uns nach einem unglaublich erlebnisreichen Tag zurück zur Marina. Was für eine Woche war dass denn!