Nun sind wir bereits im neuen Jahr 2024 angekommen und seit gut 250 Tagen an Bord der Shiva. Seit unserer Losfahrt in Griechenland im April letzten Jahres haben wir knapp 8’400NM im Kielwasser gelassen. So langsam kommt nun auch unser «Winterlager» für die Hurrikansaison ab Mai in den USA etwas näher in Reichweite. Doch erst standen ja noch die Weihnachtstage und Neujahr an. Fernab von der Heimat, Familie und Freunden empfinden wir dies halt dann auch nicht als die besonderen Festtage, doch zumindest dürfen wir diese ja im Paradies verbringen… Monika, die uns letzten Sommer schon an Bord von Sizilien bis zu den Balearen begleitet hat, entflieht dem winterlichen Blues zu uns auf die Shiva, um diese mit uns zu teilen. Mittlerweile ist sie aber auch schon wieder zurück in der Schweiz am unterrichten.
Grenada – Hog Island, Prickly Bay und Saint George
Nach der Atlantik-Passage wollen wir einerseits unserer Vorräte an Bord wieder aufstocken und andererseits versuchen, möglichst viele der (zum Glück kleineren) Reparaturen an der Shiva hinzubekommen. Wir ankern zu Beginn in der Clarks Court Bay an der Südküste. Dort ist eine Marina mit Werftbetrieb und einem Chandler. Zumindest bekomme ich die Klemme für’s Backstag behelfsmässig ersetzt, sowie den Reissverschluss für’s Sonnendach an der Bimini genäht. Auch bekommen wir mit Cocos kraftvoller Unterstützung das Grossfall wieder in den Mast eingezogen, auch wenn er mich dazu mehrere Male auf’s Masttop hinaufziehen muss. Doch der Genaker muss vorerst auf die Reparatur warten. Wir entwirren die beiden Teile von der Rollanlage und trocknen zumindest den nassen Stoff. Coco reist dann am 21.12. zurück in die Schweiz, wenn auch mit einiger Hektik und Aufregung, nachdem er sich bei der ersten Flugbuchung um einen Monat vertan hatte.
Unsere Vorräte an Bord waren nach der Zeit auf den Kapverden und der Passage deutlich zurückgegangen. Aus Erfahrung vom letzten Mal hatten wir auf den Kanaren recht üppig aufgestockt, allerdings lag dies mittlerweile 2 Monate zurück. Auf El Hierro und den Kapverden liess sich nur noch sehr eingeschränkt Proviant einkaufen. Dies beschränkte sich auf das dort jeweils gerade verfügbare Angebot von Früchten und Gemüse, sowie Brot. Wir hatten in Erinnerung auch von unseren Aufenthalten mit Charter-Yachten, dass man in Grenada bei der Spice Island Mall eine breite Auswahl wie in einem amerikanischen Supermarkt antreffe. Bedingt traf dies auch zu, jedoch erschreckten uns die Preise dann doch ein wenig. Die übertrafen meist selbst jene in der Schweiz. Wir fragten uns, wie sich die lokale Bevölkerung dies leisten soll. Offensichtlich erledigt diese Einkäufe nicht mit unseren Ansprüchen: Konfitüre ca 10.-, Schokolade 5.- pro Tafel, Wein über 10.- p. Flasche, Bier 1.5 p. Dose 0.25cl; da waren wir uns von den Kanaren her anderes gewohnt. Und wegen der bevorstehenden Weihnachtstage war ohnehin Grossandrang und teilweise die Regale leergekauft. Nun denn, in zwei Einkaufstouren hatten wir uns für über 700.- wieder eingedeckt, damit wir uns über die Festtage an Bord versorgen konnten.
Beim Versuch, den Weg vom Schiff zum Einkaufen (und insbesondere zurück) oder zu einem guten Restaurant etwas zu optimieren, verlegten wir zuerst in die benachbarte Prickly Bay, später dann gleich vor den Hafen von Saint George. Die Wege mit dem Dinghy waren immer weit, die Ankerplätze eher etwas ungemütlich und das Angebot in den Restaurants nicht besonders überzeugend. So kamen wir zum Schluss, mit unserer Bordküche insgesamt wohl besser und günstiger zu leben. Selbst die karibischen Drinks an Land waren nur in der Erinnerung besser. Die früher schön gelegene, stimmungsvolle Bar in der Marina von Port Louis war von einer Bauabschrankung aus Wellblech verdunkelt. Dahinter wird gerade für das Superyacht-Dock ein neues Gebäude und andere Erweiterungen gebaut. Also definitiv kein Ort mehr für stimmungsvolle Sonnenuntergänge bei einem karibischen Cocktail! Zumindest geniessen wir den ersten Abend mit Monika beim BBQ-Abend im Grenada Yacht Club gegenüber auf der schönen, über die Marina blickenden Terrasse.
Am nächsten Tag nehmen wir uns ein Wanderung durch den Regenwald vor. Wir fahren mit dem Bus hinauf auf den Bergsattel beim Grand Etang in der Mitte der Insel. Bei den Souvenir-Ständen dort oben wird gerade für eine sehr laute Christmas-Party hergerichtet. Aus riesigen Boxen dröhnen Weihnachtssongs durch das Naturschutzgebiet. Kein Wunder zeigen sich die sonst dort anzutreffenden Affen nicht. Wir entfliehen einem drohenden Gehörschaden in den Wald und machen uns auf den Weg hinauf zum Mount QuaQua. Allein, das Wetter hat es mit dem Regenwald sehr wörtlich genommen. Der Himmel ist wolkenverhangen und immer mal wieder prasselt ein kurzer Regenschauer auf uns herab. Der Weg ist (wie schon letztes Mal in 2019) sehr schlammig, doch in meiner Erinnerung nicht ganz so schlimm wie damals. Eigentlich wollten wir die Wanderung über den Berg hinab zu den Concord Falls fortsetzen, doch der Weg dorthin ist überwachsen und nicht mehr begehbar. Dies stellen wir jedoch erst fest, als wir kurz vor dem Gipfel am Abzweiger angelangt sind. So kehren wir halt den gleichen Weg zurück zum Grand Etang, wo wir Füsse und Schuhe wieder waschen können. Die Rückfahrt nach Saint George erweist sich als schwieriger als gedacht, sind die Busse von Grenville her doch alle bereits voll belegt und halten deshalb auf unser Winken hin schon gar nicht an. Da erbarmt sich eine Mutter mit ihren beiden kleinen Söhnen und nimmt uns in ihrem grossräumigen SUV mit hinab in die Stadt. Sie stellt sich als Wanderführerin heraus, die eben im Norden der Insel mit ihren Kindern eine neue Route erkunden gegangen war. Sie war bass erstaunt, dass wir zum Mount QuaQua aufgestiegen seien. Sie biete diese Tour in der «Rainy Season» nicht an (aber eigentlich sollte die «Rainy Season» seit Ende November vorüber sein…).
Carriacou – Saline & White Island, Limekiln Bay
Wir kehren mit der Shiva von Saint George wieder auf die Südküste nach Hog Island zurück. An jenem Ankerplatz liegen zahlreiche Segler an Moorings, wohl über sehr lange Zeit. Jedenfalls trifft man sich jeden Abend ab 16h zum Sundowner an der Barefoot Beach Bar und bleibt meist auch noch lange darüber hinaus. Wir lernten dort bereits ein Schweizer Paar kennen, das schon mehr als 10 Jahre in der Karibik auf dem Schiff lebt (zumindest während der Saison). Die Runde ist bunt gemischt aus verschiedenen Nationen und man ist gleich willkommen. Unterwegs sind die wenigsten, man lebt hier schlicht in den Tag und geniesst die Ruhe.
Wir wollen jedoch weiter zu den für’s Schnorcheln schönen Gebieten. Schon am Weihnachtstag steht der Wind günstig, um nach Norden zu kommen. So segeln wir erst nach Ronde Island und am nächsten Tag zur kleinen Saline Island im Süden von Carriacou. Per Zufall lesen wir davon auf NoForeignLand.com und sind schliesslich recht begeistert. Am ersten Tag ist die kleine, flache Bucht mit etwas gar vielen Yachten belegt. Wir finden sehr beengt noch etwas Platz, sodass wir zumindest zum Schnorcheln bleiben können. Gleich beim ersten Tauchgang begegnen mir ein Eagle Ray (der sich allerdings rasch wieder verzieht), dann ein Stingray und schliesslich zahlreiche Turtles. Zwar beschränkt sich das Riff auf zahlreiche bunte Röhrenschwämme, zumindest mit einer Vielfalt von Fischen. Uns gefällts und wir kehren auch mehrfach hierhin zurück. Jedoch müssen wir für die Nacht zur Nachbarinsel White Island verlegen, ist es doch sonst schlicht zu eng und es besteht die Gefahr einer Kollision in der Nacht.
Am nächsten Tag erkunden wir eine sonst kaum besuchte Bucht an der S-Küste von Carriacou, erneut auf den Hinweis aus NoForeignLand hin. In der Tat entdecken wir dort eine Vielzahl der spektakulär aussehenden Flying Gurnards. Dieser Fisch lässt sich normal kaum vom Untergrund unterscheiden, jedoch entfaltet er blau glänzende Flügel wohl als Abschreckung, wenn man ihm etwas näher kommt.
Als die Weihnachtstage vorbei sind, klarieren wir in der Tyrell Bay aus Grenada aus und dann in Union Island in Saint Vincent & the Grenadines (SVG) ein. Diese Prozedur ist mittlerweile dank SailClear nun online und so zumindest etwas einfacher, erspart sie doch das ständige Ausfüllen von Formularen in mehrfacher Ausführung, doch muss man sich immer noch bei Customs & Immigration anstellen und dort oft stundenlang warten. Dies braucht einiges an Geduld und kostet Nerven, was gar nicht meine Sache ist.
Petite Martinique, Mopion
Zwischen dem Aus- resp. Einklarieren in den beiden Staaten Grenada und SVG liegt Petite Martinique. Wir hatten die Insel schon zuvor diverse Male besucht, auch als wir mit einer Charteryacht unterwegs waren. Doch diesmal ist kein Schiff im Bau am Hang auszumachen, und auch die früher lebhafte Mole und der hübsche Strand gleichen eher einer verwahrlosten Baustelle. Wir machen an einer Mooring des Palm Beach Restaurants für die Nacht fest. Das Essen dort ist schliesslich eher eine Enttäuschung: europäische Preise für ein mittelmässiges Essen. Unsere Küche an Bord ist definitiv die bessere Wahl.
Auf der Fahrt hinüber nach Union Island zum Einklarieren legen wir den obligaten Halt vor Mopion ein. Dieser winzige Sandfleck im Riff gilt als «smallest island in the world with a structure on it» und ist ein beliebtes Fotosujet der Gegend. Das Schnorcheln dort ist wenig ergiebig, auch weil der Himmel zu bedeckt ist.
Grenadinen – Isle a Quatre, Petit Nevis, Tobago Cays, Chatham Bay
Weil der Wind gerade gut steht, segeln wir also nach dem Einklarieren gleich weiter nach Norden an Canouan vorbei und schaffen es bis zum Sonnenuntergang zur Isle a Quatre kurz vor Bequia. Die Bucht kannten wir bisher noch nicht, doch leider erweist sich das Riff dort als nicht allzu ergiebig. Aber Brigitt und Monika beobachten auf ihrem Tauchgang zumindest einen Reef Shark und sind ganz aus dem Häuschen.
Wir verbringen eine weitere Nacht vor der Nachbarinsel Petit Nevis, in Sichtweite der Promi-Insel Moustique. Dort sammeln sich die Megayachten für den bevorstehenden Silvester. Wir beschliessen dazu in die Tobago Cays zu segeln und legen uns dort nach einem schönen Segeltag vor Anker in die Nähe des Horseshoe Reef. Unser Cobb Tischgrill kommt am Abend wieder einmal zum Einsatz und feine Cocktails versüssen den Silvesterabend. Am nächsten Morgen erleben wir wohl einen der spektakulärsten Schnorchelgänge seit langem. Da tummeln sich gleich zwei Eagle Rays nebeneinander ganz in der Nähe unseres Ankerplatzes. Wir können ihnen während langer Zeit zuschauen und uns gelingen auch diverse sehr schöne Bilder aus nächster Nähe. Bisher konnten wir kaum je einem Eagle Ray wirklich nahe kommen. Meist flitzte er beim Abtauchen blitzschnell davon. Und ohnehin posierten die zahlreichen Turtles dieses Reservats ziemlich ungerührt für die Kamera, sodass an einem Tag eine ganze Serie sehr schöner Bilder entstand.
Dies versöhnte uns und liess die bisher eher enttäuschenden Eindrücke in den Hintergrund treten. Offenbar muss man sich manchmal von den Hotspots etwas fernhalten und kann so echt positive Überraschungen erleben. Doch manchmal sind es eben halt doch wieder jene Hotspots, die unvergleichlich schöne Begegnungen erlauben.
Grenada – Hog Island
So beschliessen wir unsere knapp zwei Wochen dauernde Rundfahrt mit Monika (nach erneutem Aus- und Einklarieren in SVG resp. GND) wieder im Ankerfeld vor Hog Island auf der Hauptinsel. Wir besuchen einmal mehr die Barefoot Beach Bar zum Sundowner um unsere früheren Bekanntschaften wieder anzutreffen. Wir werden einem deutschen Seglerpaar vorgestellt, Sandra und Andreas. Das Gespräch kommt in Gang und sie berichten, wie sie 2020 mit Anordnung der Quarantäne wegen COVID monatelang in Carriacou in der Marina festgesteckt seien. Ich erzähle, wie ich in jenem Jahr von zu Hause aus im Zuge der Aktion «Rolling Home Team» des Trans-Ocean in der Karibik stecken gebliebene Segler bei ihrer Rückkehr nach Europa unterstützt hatte. Wie denn ihr Schiff geheissen habe: die Santa Esmeralda… da fiel mir echt die Kinnlade runter. Ich hatte also vor 4 Jahren ebendiese Crew als «Schiffs-Manager» auf ihrer Rückreise betreut. Allein, persönlich begegnet waren wir uns noch nie, auch wenn wir uns dies eigentlich gegenseitig vorgenommen hatten. So führte uns also das Schicksal an dieser Ecke der Welt doch noch zusammen.
So gab es denn viel zu erzählen und auf eine anspruchsvolle Zeit zurückzublicken, die sie ja glücklicherweise gut und heil überstanden hatten. Mittlerweile sind sie auch schon wieder seit 1.5 Jahren mit einem neuen Schiff unterwegs. Solche Begegnungen finden sich sonst nur in kitschigen Romanen.
Kaum zu glauben, dass ich vor einer Woche noch bei euch im Paradies war! Herzlichen Dank und gute Weiterreise 🙂
Sehr schöner, interessanter Bericht, danke, Gruss und fair winds