Über den Atlantik

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Ja in der Tat, nun liegt die Passage über den Atlantik auch bereits hinter uns. 2227NM innert 15Tg 10h sind’s geworden, wir wurden zum Schluss dann doch etwas ungeduldig. Mit 6kn ist die Geschwindigkeit halbwegs ok, wenn auch nicht berauschend. Aber zumindest sind wir gut und heil angekommen.

Tarrafal de Monte Trigo

Coco kommt wie geplant am 23.11. in Mindelo an und so ist unsere Crew für die Passage komplett. Wir klarieren am nächsten Tag bei der Policia Maritima und Customs&Immigration aus. Zwar beabsichtigen wir zuerst noch einen Abstecher auf die im Süden liegenden Inseln des Archipels, doch hier gehen die Formalitäten einfacher resp. sind dort z.T. nicht verfügbar. Mit einem ersten kurzen Segeltag setzen wir hinüber an die Südküste von nach Santo Antao in die Bucht von Tarrafal de Monte Trigo. Dort waren wir schon vor 5 Jahren und es gefiel uns sehr. Der Ort hat sich verändert, denn mittlerweile wurde die Strasse nach Porto Novo befestigt. So verkehren nun deutlich mehr Fahrzeuge und auch die Bautätigkeit hat massiv zugenommen. Diverse neue Hotels sind im Bau, wie wird dies in einigen Jahren wohl aussehen? Jedenfalls geniessen wir ein feines Abendessen im Mar de Tranquilidade bei Susi & Frank. Sie betreiben dieses Lokal seit über 30 Jahren mit Fokus auf entschleunigten Tourismus. Wir geniessen den Sonnenuntergang und die bunt durchmischte Gesellschaft, zu der auch drei Ostschweizerinnen gehören.

Am nächsten Tag unternehmen wir eine kurze Wanderungen hinauf auf die Hochebene und kommen dann über die Strasse per Anhalter wieder zurück hinab an den Strand. Da die Windprognose gut aussieht, stechen wir am Nachmittag zu einer Nachtfahrt in See, damit wir Fogo im Tageslicht des nächsten Tages erreichen können. Wir kommen gut und schnell voran und erreichen kurz nach Mittag die Insel. Erst suchen wir nach einem Ankerplatz vor dem Hauptort Sao Felipe, doch hier wäre ein Anlanden mit dem Dinghy fast unmöglich gewesen. Die Wellen brechen dort heftig auf dem flachen Sandstrand, selbst bei einem so ruhigen Tag wie wir es angetroffen haben. Schliesslich ankern wir im Hafenbecken von Porto de Cavalheiros. Ein am Ufer gestrandeter Tanker in der Nähe bildet dazu die etwas einschüchternde Kulisse. Doch schliesslich liegen wir gut, auch wenn es ständig etwas rollt.

Fogo

Am nächsten Tag organisieren wir uns ein Taxi für die Fahrt hinauf in die Cha de Caldeira. Die Insel Fogo ist kreisrund mit einer grosen Caldera in der Mitte. Darin steht der jüngste Vulkankegel dann nochmals 1100m heraus und bildet mit 2829müM den dritthöchsten Gipfel im Atlantik (nach dem Teide auf Tenerifa und dem Pico auf den Azoren). Der Anblick des Kegels beeindruckt mit seiner Steilheit. Der Weg ist eigentlich recht gut auszumachen und wir gelangen innert knapp 3h zum Kraterrand. Über ein kurzes Stück Klettersteig kraxeln wir dann auch noch zum höchsten Punkt hinauf. Das Wetter meint es recht gut, es hat nur wenige Wolken und wir bekommen ein schöne Aussicht geboten. Der Abstieg vom Krater ist dann deutlich weniger beschwerlich, lässt es sich doch in der weichen Vulkanasche fast wie über ein Schneefeld heruntergleiten. Unser Taxifahrer hat die 5h die wir unterwegs waren in einer Bar auf uns gewartet und bringt uns wieder hinab nach Sao Felipe.

Am Morgen des nächsten Tages werden wir um 06h durch Poltern geweckt. Jemand vom Hafen ist zu uns hinübergeschwommen und verlangte, dass wir die Shiva etwas zur Seite verlegen, damit eine Fähre einlaufen könne. Wir schieben unter Maschine etwas zur Seite, lassen den Anker jedoch gesetzt. Es hätte auch ohne locker für die Fähre gereicht. Gleich danach kommt auch noch ein kleines Kreuzfahrtschiff hinzu… so viel Vekehr für einen so kleinen, abgeschiedenen Hafen.

Wir unternehmen an dem Tag nochmals eine kurze Wanderung zu einem Strand etwas weiter im Norden, begegnen einem Benediktiner-Kloster und kehren früh aufs Schiff zurück. So verlegen wir noch am selben Tag hinüber zur südlichsten Insel der Kapverden, nach Brava.

Brava

Auf Brava können wir im Hafenbecken von Porto da Furna gut ankern und liegen dort sehr ruhig. Das Verlegen hat sich also gelohnt. Die Insel hat den Ruf sehr blumenreich zu sein, doch dazu haben wir offensichtlich die falsche Jahreszeit. Es ist zwar auch ziemlich grün wie schon auf Fogo. Wir können hier gut mit dem Dinghy auf einer Rampe mit Fischerbooten anlanden. Per Aluguer kommen wir hinauf zum Hauptort Nova Sintra, der jedoch wenig bietet. Mit einem weiteren Aluguer kommen wir an einen Strand an der Nordküste, Faja d’Agua, wo wunderbare von der Natur geformte Felsbecken auf einer vorgelagerten Plattform zum Bad einladen. Die Bucht ist sehr schön und sehr einsam. Wir begegnen auf beiden Inseln kaum anderen Touristen.

Am anderen Tag unternehmen wir eine Wanderung von Nova Sintra hinauf zum Gipfel Fontainhas, dem höchsten Punkt auf Brava. Die Vegetation ist interessant, zumindest grüner als wir es auf den bisherigen Inseln der Kapverden gesehen haben. Die Dörfer, die wir durchqueren sind sehr einfach, doch die Leute ausgesprochen freundlich. Nach Rückkehr begegnen wir dem Beamten der Policia Nacional, der uns bittet, am nächsten Morgen doch auf dem Posten im Hafen vorbeizukommen, um dort doch auch nochmals auszuklarieren. Etwas mühsam, aber schliesslich problemlos bekommen wir eine neue Ausreisebestätigung. Ob es um die Legitimation dieses Aussenpostens ging, damit der doch auch gelegentlich Verkehr ausweisen kann?

Passage Atlantik

Nach diesem Abstecher auf die für uns neuen Inseln Brava und Fogo wollen wir also definitiv los. Vom Proviant her ist es etwas herausfordernd gewesen, da wir eigentlich auf den Kanaren vor über einem Monat letztmals richtig üppig einkaufen konnten. Auf den Kapverden war das Angebot halt schon recht eingeschränkt. Am 1. Dezember gehen wir Anker auf und setzen die Segel. In den Tagen zuvor konnte ich auch das Iridium Go! in Betrieb nehmen und zumindest der Abruf von Wetterdaten funktionierte. Für die Übermittlung der Positionsdaten fand ich eine behelfsmässige Lösung, jedoch wollte das Zusammenspiel mit dem Datahub von Predictwind nicht klappen. Der Passat scheint wie gewünscht aus NE mit Windstärke 4-5 zu blasen und trug uns flott nach Westen. Der Himmel ist zwar bedeckt, doch der Wind recht beständig. So legen wir in den ersten beiden Tagen je 155NM in 24h zurück, was knapp 6.5kn entspricht. So wären die 2200NM Strecke innert gut 14Tg zu schaffen.

In der zweiten Nacht während Coco’s Wache steigt der Autopilot aus. Statt mich gleich zu wecken versucht er selber das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Dabei dreht es das Ruder voll ein, achtet dann nicht mehr auf die Lage und fährt so eine krachende Patenthalse. Der Baum schlägt voller Wucht auf die andere Seite. Die Bandschlinge der ausgebrachten Sicherung (aka Bullentalje) zerreisst, durch die Wucht wird die PVC-Scheibe der Persenning herausgerissen und auf der Gegenseite bricht die Curryklemme der Backstage. Eigentlich wären die Windverhältnisse ja problemlos gewesen, aber wenn die Fahrt nicht unter Kontrolle erfolgt, wirds eben problematisch. Am nächsten Morgen bergen wir das Gross und fahren nur noch mit entgegengesetzt ausgebaumten Vorsegeln weiter, die Genua auf Backbord und die Fock auf Steuerbord. Zwar ist die Fahrt nun sicher, es kann eigentlich nichts mehr mit den Segeln passieren, doch dafür ist die Fahrt auch deutlich langsamer. Wir kommen nur noch rund 140NM in 24h voran, also noch mit knapp 6kn. So setzen wir am Abend des 5. Tages wieder das Gross und laufen raumschot mit ausgebaumter Genua, also achterlichem Wind und beiden Segeln auf derselben Seite backbord. Der Wind frischt auf und kommt in Böen bis 30kn. Also setzen wir in beiden Segeln ein Reff, verkleinern also die Segelfläche. Wir kommen nun mit über 7kn Fahrt voran und legen am 6. Tag dann 171NM in 24h zurück. Nach 7Tg 1h haben wir die Hälfte der Strecke hinter uns. Brigitt hat unterwegs die PVC-Scheibe der Sprayhood wieder behelfsmässig genäht. Jedoch mussten wir das Cockpit vor Spritz- und Regenwasser schützen, nur schon der Geräte wegen (geschweige denn der Crew). Und es regnet auch recht oft und macht die Fahrt eher ungemütlich. Doch wir kommen weiterhin ordentlich gut voran.

Am 9.Tag schwächt sich der Wind ab und erreicht oft nur noch 8-10kn. Dies ist zu wenig, damit die feste Genua steht, also setzen wir den Genaker. So kommen wir zumindest noch mit etwa 5kn voran. Durch die Nacht bergen wir den Genaker, auch nachdem ein weiterer Regenschauer plötzlich Böen von 20kn bringt. Am nächsten Morgen nach einer sehr unruhigen Nacht mit ständig schlagenden Segeln setzen wir bei Sonnenaufgang wieder den Genaker. So laufen wir wieder recht zügig mit 6-8kn bei Winden um die 12-15kn. Am frühen Nachmittag erwischt uns wieder ein Regenschauer mit Böen. Brigitt hätte ja noch den richtigen Instinkt gehabt, den Genaker gleich wegzurollen. Ich beliess es dabei und prompt riss das Segel am Kopf durch gleich unterhalb der früher geflickten Stelle. So ein Ärger! wir können das Segel zumindest halbwegs anständig bergen und verstauen, obwohl es natürlich in der ganzen Länge ins Wasser geglitten war. Jedoch vermissten wir von da an dieses Segel sehr, hätte es doch gerade bei Leichtwind noch für ordentliche Fahrt gesorgt. Und eine solche Zone mit leichten, ja teilweise gar keinem Wind wurde uns nun in den Prognosen vorhergesagt. Das «intelligente» Weather-Routing empfahl uns einen Kurs weiter nördlich einzuschlagen, was wir dann auch versuchten. Nur kamen wir zu langsam voran, hätten wohl auch sonst diese Flautenzone nicht vermeiden können.

Unsere Strecke am 10. Tag belief sich gerade mal noch auf 128NM in 24 und es fehlten uns ja immer noch 706M bis Ankunft. In der Nacht fiel der Wind fast ganz aus und wir starteten die Maschine. Still zu stehen ist für mich keine wirklich gute Option, denn dann schlagen die Segel in der See, da man ja nur wenig Fahrt macht und keinen Druck auf den Segeln hat. So laufen wir schliesslich 37h unter Maschine, bis der Wind wieder eine segelbare Stärke erreicht. Allerdings kommen wir bei 8-12kn Wind ohne Genaker nur noch mit 4-5kn voran und machen nurmehr 118NM in 24h. So stellen wir uns auf eine Ankunft im Verlauf des 16. Tages ein. Am 15. Tage sehen wir Barbados näher kommen und segeln durch die Nacht an den Lichtern der Insel vorbei. Kurz vor Sonnenaufgang beim Schichtwechsel ruft mich Brigitt, weil das Grosssegel hinab gekommen ist. Das Fall war gebrochen, also irgendwo an der Mastspitze solange gescheuert, bis es komplett durchtrennt war. Das also auch noch … Erst müssen wir also unter Maschine das Grosssegel bergen. Dann setzen wir es mit der Dirk neu. Das Fall müssen wir dann bei Ankunft wieder neu einziehen.

Wir kommen immer noch nur mit rund 5kn voran, der Wind will nicht die sonst erwartete Stärke im Passat erreichen. Am Nachmittag sehen wir dann erstmals die karibischen Inseln. Wir wollen für eine erste Nacht die Tobago Cays anlaufen um auszuschlafen. Nur reicht die Geschwindigkeit unter Segeln nicht aus, damit wir die verbleibenden 13M noch vor Sonnenuntergang schaffen. So werfen wir um 15h halt doch nochmals die Maschine an und schaffen es so gerade noch bis 18h den Ankerplatz zu erreichen. Bei Einfahrt ins Horseshoe-Reef begrüsst uns ein heftiger Regenschauer, wir ankern also in vollem Oelzeug. Schliesslich sind wir schlicht erleichtert, heil angekommen zu sein und fallen nach dem Essen alle todmüde ins Bett.

Bilanz der Atlantik-Passage:
Abfahrt Brava 01.12. um 10h
Ankunft Tobago Cays 16.12. um 18h (+3h); Dauer 15Tg 11h
Strecke 2227 NM, davon 1916NM gesegelt und 311NM unter Maschine (50:40h)

Carriacou & Grenada

Am Morgen räumen wir etwas auf, was nach der langen Passage fällig geworden ist. Schliesslich gehen wir als die Sonne sich doch noch für einen Moment zeigt mit dem Dinghy zum Horseshoe-Reef hinaus zum Schnorcheln. Nun, berauschend wird es nicht gerade… viele Korallenstöcke sind stark ausgebleicht, so hatten wir dies nicht in Erinnerung. Zumindest sehen wir noch Stingrays und auf dem Rückweg auch noch Turtles. Das Meer ist wegen starkem Wind jedoch auch etwas aufgewühlt, die Sicht etwas eingeschränkt. Am Nachmittag kommt auch noch ein Ranger die Parkgebühr einziehen. Mittlerweile wird ungeachtet ob an einer Mooring oder vor Anker 40USD pro Nacht verlangt, was doch auch sehr happig ist (auch in Anbetracht der bescheidenen Massnahmen die daraus in den Schutz des Parks zurückfliessen). Auch dies hatten wir nicht so in Erinnerung.

Etwas frustriert fahren wir am nächsten Tag weiter nach Cariacou zum Einklarieren in Grenada. Doch in Hillsborough ist dies nicht mehr möglich, wir müssen nach vergeblichem Ankern und Landgang nochmals weiter in die Tyrrell Bay. Nach einer guten Stunde Wartezeit (und nochmals 40USD Cruising Tax) sind die Formalitäten erledigt und wir verlegen nach Sandy Island. Wir sind etwas zu spät dran zum Schnorcheln, sehen aber dass es sich hier definitiv lohnen wird.

Da Coco nun wieder zurück in die Heimat möchte oder sollte, segeln wir dann von Carriacou nach Süden zur Hauptinsel Grenada. Der Wind erlaubt ein eigentlich schönes Segeln, doch setzt kurz nach Ablegen Regen ein und begleitet uns den ganzen Tag bis zur Ankunft in der Clarks Court Bay. Hier können wir nun die restlichen Schäden von der Passage behelfsmässig flicken. Ein Segelmacher ersetzt (nochmals!) einen der Reissverschlüsse am Bimini für das Sonnendach, jedoch für den Genaker findet er keine Zeit. Die Klemme des Backstags kann ich ersetzen, und in einigen Auf- und Abstiegen schaffen wir es das Grossfall wieder in den Mast einzuziehen. Coco bucht seinen Flug für den 21.12. nach Hause und ist hell begeistert, wie günstig ihn das Ticket gekommen ist… bis er am Vorabend des Abflugs beim versuchten Einchecken feststellt, dass er versehentlich für den 21.1.2024 gebucht hat! Er findet eine Alternative für den selben Morgen mit Abflug um 08h, jedoch liefert ihm das Buchungsportal keine Bestätigung. So versucht er es auf Geratewohl am Flughafen, nachdem ich ihn um 05:30h mit dem Dinghy am Steg abgesetzt habe. Glücklicherweise bekommt er so doch noch einen der letzten Plätze hinüber nach Barbados und kann von dort dann via London nach Zürich heimkehren.

Monika ist auch gut angekommen und an Bord für die Weihnachtstage. Wir haben unsere Vorräte nun wieder aufgestockt, sind allerdings von den Preisen hier in Grenada etwas überrascht worden. Nun denn, nächstes Mal würde ich also doch nicht mehr hierhin kommen, sondern wie viele andere auch Martinique anlaufen. Aber halt, ein nächstes Mal ist ja nicht mehr vorgesehen…

Wir leben unseren Traum, weil wir in der glücklichen Lage sind, es zu können.
Wir leben unseren Traum, weil wir wissen, dass dies irgendwann nicht mehr möglich sein wird.
Wir leben unseren Traum jetzt, weil wir nicht wissen, wann dieser Zeitpunkt eintreffen wird.

This Post Has One Comment

  1. Werner Heiz

    Lieber Hanspeter, liebe Brigitte
    Ein interessanter Bericht der viele Erinnerungen geweckt hat! So ist das Seglerleben!
    Wir wünschen Euch eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
    Herzliche Grüsse aus Neuseeland
    Irene und Werner

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