Passage 756M von Bahamas nach Bermuda

You are currently viewing Passage 756M von Bahamas nach Bermuda

Nun beginnt also die Rückreise über den Atlantik nach Osten. Die Zeit in der Karibik ist zum Ende hin immer schneller verflogen, ich kann es kaum glauben. Brigitt’s Auszeit ging Anfang Mai auf den Bahamas zu Ende. Sie kehrte zusammen mit David und Chandra von Nassau aus wieder nach Hause zurück. Am selben Tag traf Andi ein und einige Tage später dann Silke. So verfüge ich für die Rückfahrt wieder über kompetente und ausreichende Crew, die eine relativ entspannte Passage verheisst.

New Providence

Aufgrund der Angaben im Cruising Guide und im Internet machte ich mir anfangs grosse Sorgen, wo man geeignet einen Crew-Wechsel bei Nassau vornehmen könnte. Plätze in einer Marina sind einerseits rar und andererseits  unverschämt teuer; nie unter 2.5USD pro ft, was für uns min 120USD pro Nacht bedeutet hätte; aber da gab es auch Orte die 6.5USD pro ft verlangten. West Bay erschien aufgrund der Windrichtung eigentlich ideal, allerdings beantwortete mir die Marina von Lyford Cay, dass selbst für‘s Anlanden mit dem Dinghy 50USD verlangt werden. Die ganze Gegend dort wird von zwei riesigen Gated Communities belegt, die ausschliesslich den Residents vorbehalten ist. In DDR-Manier ist die Umzäunung doppelt ausgelegt, mit einem Streifen dazwischen für Patrouillen. Damit ist der Zugang zum Land praktisch vollständig verwehrt, trotz des eigentlich öffentlichen Rechts bis zur High Water Mark.

Nun denn, wir ankerten in der West Bay und lagen dort sehr ruhig. Am äussersten Rand befand sich ein kleiner Strand (Jaws Beach), an dem man problemlos mit dem Dinghy hinkam. So gelang der Crewwechsel dort recht problemlos, trotz des miserablen Wetters. In den Tagen zog ein tropischer Sturm als extrem früher Vorbote der Hurrican Season über die Bahamas und brachte sturzbach-artige Niederschläge. Eigentlich sind solche Wetter doch erst ab Juni zu erwarten, und wir waren doch erst Ende April?

Eleuthera und Marsh Harbour

Mit diesem Wetter und den aus SW kommenden Wind war an einen nochmaligen Besuch der Exumas nicht mehr zu denken. So verlegten wir in Etappen langsam nordwärts via Eleuthera nach Great Abaco. Sinnigerweise setzte der Wind nach dem Sturm dann (wie halt üblich) fast vollständig aus, sodass wir die gesamte Strecke von Nassau bis Marsh Harbour unter Maschine zurücklegen mussten. Eigentlich hoffte ich auf diesem Weg noch einige schöne Plätze zum Schnorcheln zu entdecken. Einzig in der Nähe von Nassau bei Rose Island wurden wir mit einem farbenprächtigen Riff belohnt. Hingegen stellte sich das Sandy Cay bei Great Abaco als (abgestorbene) Enttäuschung heraus.

In Marsh Harbour stand nun eine gründliche Vorbereitung und Kontrolle der Shiva für die grosse Überfahrt bevor. Der Motor bekam neue Filter und frisches Oel (eine äusserst schweisstreibende Sache…), alle Terminals am Rigg wurden geprüft und frisch gefettet, der Generator kontrolliert und mit dem Wassermacher der Tank wieder komplett aufgefüllt.

Die Kosten für Lebensmittel auf den Bahamas sind exorbitant, sogar für frische Früchte oder Gemüse. Ein Apfel oder  eine Orange sind gegen 2USD, ein Liter Milch über 4USD, eine Büchse Bier 2USD. Nichtsdestotrotz, wenn wir etwas Frischkost für die Überfahrt wollen, dann muss man da eben wohl oder übel durch. Zumindest gibt es in Marsh Harbour einen sehr gut bestückten Supermarkt nicht zu weit weg vom Dinghy Dock.

Nun gilt es ein geeignetes Wetterfenster für die 730M weite Passage zu finden. So einfach wie in der Passatzone geht dies hier nicht mehr. Da kann es schon mal eine ganze Woche Wind aus NE geben, der eine Überfahrt verunmöglichen würde. Wir haben aber nur noch etwa 8 Tage Zeit …

Passage Bermuda

Die Windprognosen verheissen schliesslich für die erste Wochenhälfte leichten, aber zumindest von der Richtung her guten SE – E Wind. Dies kristallisiert sich immer mehr als die am besten geeignete Variante, und so lichten wir am Samstag 11.05. den Anker. Sinnigerweise klemmt genau bei diesem letzten Manöver der Fusstaster auf Deck, sodass der Anker unkontrolliert hochfährt und sich in der Halterung mit Wucht verklemmt. Die Winch macht keinen Wank mehr. Nun, wir brauchen sie zwar erst zum Ende der Überfahrt in etwa einer Woche wieder, aber die Sorge bleibt. Dies ist ein weiteres jener Aggregate an Bord, die essentiell sind, also nach Möglichkeit bis Ankunft wieder geflickt sein muss.

Kurz nach Ausfahrt aus dem Riff können wir volle Segel setzen und legen bei idealem SSE-Wind von knapp 15kn unter Raumschot-Kurs flott los. Bei solchen Verhältnissen läuft die Shiva jeweils gut 6kn, was uns eine Überfahrt innert 5 Tagen versprochen hätte. Bis zum Montag sind nach 48h auch schon die ersten 276M im Kielwasser und ich bin zuversichtlich.

Allerdings flaut der Wind darauf bereits ab. Wir fahren nun eine Weile unter Genaker bei nur noch gut 10kn Wind, kommen so aber zumindest weiterhin mit etwa 5.5kn Fahrt voran. Nach Sonnenuntergang, kurz nach Aufnahme der Wachablösungen für die Nacht setzt der Wind dann komplett aus und eine schwarze Gewitterwand baut sich vor uns auf. Ich sah die schon von Weitem, machte mir allerdings wegen der Windrichtung noch keine Sorgen. Also rollten wir die Genua, holten  das Gross dicht und begannen unter Maschine unseren Kurs fortzusetzen. Bald darauf setzte heftiger, böiger Wind von gegenan ein (also aus N-NE), ein Ablaufen unter Segel hätte bedeutet umzukehren. Ein Gewitter entlud sich um uns herum mit sintflutartigen Regenschauern und heftigen Böen. Wir wetterten dieses unter Maschine ab und machten dabei sehr langsame Fahrt, die uns zumindest in eine bessere Position zur Weiterfahrt brachte. Nach zwei Stunden war der Spuk vorbei und der Wind drehte wieder zurück auf SE.

Am Dienstag nahm der Wind weiter ab und drehte nun langsam auf SW, blies also platt von hinten für unseren Kurs. Also baumten wir die Genua aus und liefen nun mit Segeln in Butterfly-Stellung in langsamer Fahrt mit nur noch etwa 4.5kn weiter. Die versegelte Strecke in 24h nahm für mich bisher nicht gekannte, tiefe Werte an von nur noch jeweils 120M. Am Mittwoch kurz nach Sonnenaufgang war der Wind dann ganz weg. Zum Glück haben wir unseren Motor Nanni, der bisher immer ausgesprochen zuverlässig und ruhig gearbeitet hat. So legen wir schliesslich 10h unter Maschine zurück und kommen dabei auch wieder sehr gut voran.

Mittwoch nach Sonnenuntergang kehrt der Wind zurück und bläst nun aus nördlicher Richtung. Dies passt mit unseren Erwartungen aufgrund der Prognose zusammen, allerdings laufen wir nun auf dem ungemütlicheren Backbord-Bug und müssen einen Kurs hart am Wind steuern. Um nicht allzu viel Lage schieben zu müssen reffen wir die Segel. Trotzdem, wegen der Krängung, den böigen Winden und den Regenschauern schläft in jener Nacht keiner wirklich gut. Zumindest kommen wir weiterhin gut voran mit über 6kn Fahrt, allerdings mit nicht mehr ganz idealem Kurs. Der N-Wind drückt uns etwa 10-15° nach S von unserem Ziel weg.

Zu unserem Glück dreht der Wind am Donnerstag nachmittag dann nicht wie prognostiziert weiter nach NE, sondern dreht auf für uns günstige NW Richtung. Wir können so unsere Kursabweichung wieder kompensieren und kommen dank Halbwind-Kurs erst noch zügig mit gut 6kn voran. Damit wird nun absehbar, dass wir kurz nach Sonnenaufgang am Freitag morgen Bermuda erreichen werden.

Bermuda – St. George

Die Einfahrt nach St. George ist aus einer Hügelkette herausgesprengt und gerade mal so breit, dass auch ein nicht zu grosses Kreuzfahrtschiff hindurchpasst. Wir sind erleichtert, diese Passage doch noch rechtzeitig und sicher gemeistert zu haben. Das Einklarieren in Bermuda verläuft freundlich und speditiv (wobei 35USD p P fällig werden). So verlegen wir zum Frühstück zum Ankerplatz und belohnen uns mit Rührei, Speck und Toast.

Auf dieser Überfahrt legten wir 756M zurück, davon doch immerhin 680 unter Segel. Wir benötigten knapp 6 Tage (resp. 140h), was einen Schnitt von 5.4kn ergibt. Die Lehre daraus ist, dass wir uns auf der noch verbleibenden Atlantikpassage bis zu den Azoren von noch 1680M wohl eher auf 14 Tage einstellen müssen, idealerweise auf 12 hoffen dürfen. Zudem zeigte sich, dass das Wetter und die Drucksysteme auf dieser Fahrt viel mehr Aufmerksamkeit verlangen, als es noch auf der Passatroute gewesen war.

Leave a Reply