Vom Saronischen Golf quer durch die Cycladen

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Oh, ging das jetzt aber fix! Vor 10 Tagen haben wir uns definitiv von Aigina verabschiedet, nachdem wir die Relingdrähte mit den erneuerten Terminals und Spannern flugs wieder montiert hatten. Und gestern Abend sind wir dann also bereits im Dodekanes angekommen, also jenen Inseln vor der Türkischen Küste, die ein kurz vor der Wahl stehender Autokrat offenbar für sein Land beanspruchen will … trotz NATO-Mitgliedschaft beider Parteien. Das könnte ja dann richtig heiter werden, aber lassen wir das. Wir blicken auf gut gelungene Segeltage zurück, die etwas untypisch für die Saison bereits von einer recht heftigen Meltemi-Phase geprägt worden sind. Aber beginnen wir doch schön der Reihe nach.

Poros und Hydra

Für uns gibt es keinen Grund eine weitere Nacht am Kai in Aigina zu liegen, wir wollen am Freitag Nachmittag noch los an einen schöneren Ort wie Poros, das in der Nähe liegt. So legt unser Nachbar, Atlantik-Charlie, mit seiner SY Alpha dann doch auch noch kurzentschlossen ab und fährt uns dorthin voraus. Allerdings muss er beim Ablegen erst noch die Hilfe eines Tauchers in Anspruch nehmen, da sich sein Anker im Hafen unter einem Mooring-Klotz festgeklemmt hatte. Der im Tagesverlauf einsetzende thermische Wind gestattete uns ein Stück weit unter Genua zu segeln, weil wir noch zu faul waren, auch das Gross zu setzen. Wir suchten eine ruhige Ankerbucht mit Sonnenuntergang, landeten aber schliesslich doch direkt vor dem malerischen Städtchen Poros. In der weiten Bucht liessen wir den Anker fallen und dann die Seele baumeln. Endlich eine wirklich ruhige Nacht ohne jeden Schwell, ohne Mücken und ohne den manchmal nervtötenden Verkehrslärm wie in Aigina.

Am Morgen nehmen wir den vom Mechaniker zurückgebrachten Aussenborder in Betrieb, und oh Freude: er startet auf Anhieb und läuft perfekt. So ist unser Landgang hinüber ins Städtchen gesichert. Sicherheitshalber schaue ich mir noch die auf der ToDo-Liste stehende Thermostat-Anode an. In der Tat, die musste ersetzt werden (auch wenn der Mechaniker gemeint hatte, er habe einen «full service» gemacht). Und, oh Überraschung, dort wo eigentlich ein Thermostat sitzen sollte, da war gar nichts. Also im Internet gesucht und Ersatz nach Hause bestellt. Wenn der nun fast 5 Jahre ohne Thermostat gelaufen ist, dann wird er dies auch noch einen weiteren Monat aushalten. Am Abend gehen wir mit Charlie und Ursula essen und tauschen Erfahrungen aus. Also, besser gesagt wir lassen uns von Charlies Räubergeschichten unterhalten, von nicht seetauglichen Trimaranen, Unfällen und anderen Verbrechen (zB. von einem auf der Atlantik-Passage erstochenen Crew-Mitglied nach einem Vergewaltigungsversuch).

Am nächsten Tag nieselt es, wir setzen hinüber nach Hydra und ankern in der Bucht bei Mandraki. Der eigentliche Hafen von Hydra ist ein riesiges Chaos. Yachten liegen hier zum Teil in mehreren Reihen hintereinander und an der Aussenmole ankern Megayachten. Im Herbst 1987 verbrachten wir unsere Ferien in einem Resort von Intersport in Porto Hydra, und so hatte der Ort für uns eine grosse emotionale Bedeutung mit viel Nostalgie. Doch auf der Insel Hydra sind wir damals wohl nicht einmal gewesen.

Zu Fuss sind es von Mandraki gerade einmal 15′ hinüber zum Hafen auf einem hübschen Küstenweg, und mit einem Umweg über den Berg werden es dann halt gut 2 Stunden. Aber etwas Wandern tut uns beiden gut. Nachdem die Tagesausflügler am Abend um 17h wieder mit der Fähre zurück ans Festland sind, ist die Stadt angenehm entspannt. Wir essen ausserordentlich gut in einem kleinen Grill «Ke Kremmydia» (… and Onions) mit den besten Fries ever in Griechenland. So sind wir auch am nächsten Abend wieder dort. Nicht gesund, aber sehr gut fürs Gemüt (und das beeinflusst die Gesundheit ja auch…). Da es fast den ganzen Morgen regnet, erledigen wir diverse kleinere Arbeiten an Bord. Ich nehme nach langer Zeit wieder einmal den kleinen Streifendrucker hervor und erneuere die Beschriftungen an allen Seeventilen, Absperrhähnen und den Reffleinen, die zum Teil fehlten, nicht mehr aktuell oder unlesbar waren. Auch muss der Sensor an der Wasseruhr ersetzt werden, damit die Anzeige am Navitisch unseren Verbrauch an Süsswasser wieder korrekt anzeigt. Das Ersatzteil fand ich nach einiger Recherche im Internet in Frankreich… und es funktioniert!

Kythnos

Am nächsten Tag ist etwas Wind angesagt, also setzen wir zum ersten Mal das Gross und legen Kurs hinüber zu den Cycladen. Als wir aus der Abdeckung der Insel an der Nordwest -Spitze herauskommen, finden wir ein klein wenig Wind und können so den Weg hinüber nach Kythnos in ruhiger Fahrt segeln. Mit 44M ist dies nun erstmals für diese Saison ein nennenswerter Schlag. Wir verbrachten letzten Oktober auf Kythnos den wohl schlimmsten Meltemi-Sturm, der mehr als 4 Tage anhielt und uns dort festhielt, ja sogar den Fährverkehr einige Tage lang zum Erliegen brachte. Wir wollten unbedingt noch einmal bei schönen Bedingungen die perfekte Bucht Ormos Kolonas besuchen. Letzten Herbst lag dort ja noch die Megayacht 007 auf Grund, weil der (Schweizer… sic) Eigner das Ding im Dunkeln auflaufen liess.

Zudem gibt es dort an einem kleinen Strand eine Thermalquelle, die auch für mich zum Baden einlädt. Das Wetter ist definitiv noch zu kalt und mit ihm auch das Wasser, als dass man(n) es im Meer aushalten würde. Zu Fuss steige ich dann auch noch hinauf ins Städtchen Chora, das wir vom letzten Jahr in bester Erinnerung hatten. Maps.Me half, selbst die zugewachsenen Trampelpfade zu finden. Zurück erbarmt sich dann ein junges Paar im Mietwagen und bringt mich wieder hinunter.

An Bord bauen wir nochmals etwas an unserer Stromversorgung um und legen die Anschlüsse der Solarpaneele resp. der beiden Laderegler nun direkt auf die Batteriebank unter dem Navi-Sitz. Ich kämpfe immer noch etwas mit Interferenzen des Ladereglers auf dem VHF-Funkgerät. Etwas besser wurde es dadurch, aber vielleicht brauchts doch noch einen Entstörfilter.

Kea

Für den übernächsten Tag ist ordentlich viel Wind aus NE angesagt, den wir gerne für die etwas längere Überfahrt nach Tinos ausnutzen möchten. Der soll dann aufbauen und am Freitag Nachmittag Sturmstärke erreichen, also heisst dies rechtzeitig loslegen. Um eine bessere Startposition für diesen Schlag zu erreichen verlegen wir die Shiva in die im Norden gelegene Insel Kea, selbst wenn dies eine reine Fahrt unter Maschine bedeutet. Wir ankern hier in der Bucht vor Vourkari, die auf allen 4 Seiten geschützt ist. Am Nachmittag unternehmen wir eine Wanderung hinauf nach Chora (so heissen wohl auf jeder Insel die historischen Orte im Zentrum auf der Höhe oben…), was aufgrund der etwas extensiven Routenwahl zu einer gut 3h Wanderung wird. Aber wir geniessen die Landschaft, treffen kaum andere Leute an und sind dann fasziniert von der eng gebauten, an den Hang geklebten Stadt mit ihren Gassen und Stiegen. Etwas ausserhalb gibt es auch den Lion of Kea aus dem 6Jh BC zu bestaunen. Wir finden eine kleine Taverne und lassen uns üppig mit griechischen Spezialitäten bewirten. Satt machen wir uns auf den Rückweg, wo uns ein Bauarbeiter des Steinbruchs auf dem Heimweg in seinem Auto hinunter zum Hafen mitnimmt.

Im Hafen grüssen wir erneut ein Schweizer Paar auf einer Charter-Yacht, die wir schon beim Verlassen des Bootes kurz begrüsst hatten. Wir kommen ins Gespräch, unterhalten uns angeregt über das Segeln, OVNI’s und Griechenland. So erfahren wir, dass sie in Uetendorf leben, also dem übernächsten Dorf von Mühlethurnen (unserer Heimat von 1994 bis 2004) und dann erst noch eng befreundet mit Maja und Hajot sind. Letztere trafen wir im Herbst 2018 auf der Insel La Palma in den Kanaren und wanderten dort einige Tage zusammen. Die Welt ist halt schon ein Dorf!

Tinos

Wir gehen Anker auf mit dem Sonnenaufgang und fahren aus der grossen Bucht im Norden von Kea. Vom angekündigten Wind ist noch einige Zeit nichts zu verspüren. Erst als wir die NE-Spitze von Kea erreichen, können wir die Maschine ausschalten. Doch dann geht es immer flotter voran, bald erreichen die Böenspitzen 25kn und wir rauschen im 2. Reff mit über 8kn Fahrt in Richtung Tinos. Der Wind kommt achterlich, ebenso die Wellen und so lässt es sich auch bei grösserer Stärke gut ertragen. Anfangs müssen wir zwar noch etwas höher laufen, um an der Nordseite von Giaros vorbeizukommen, doch dann dürfen wir abfallen und direkten Kurs auf Tinos legen. Querab von der schmalen Strasse zwischen Andros und Tinos stirbt der Wind dann wieder komplett ab, denn die hohe Bergketten von Andros deckt diesen ab. Für kurze Zeit müssen wir also sogar die Maschine wieder zu Hilfe nehmen. Doch bald darauf geht es wie gehabt weiter mit F5 und mehr. Wie gewünscht laufen wir noch vor 14h ins grosse Hafenbecken ein und machen mit Anker rückwärts am Quai fest. Der Meltemi pfeift hier zwar immer noch heftig, jedoch kommt er von hinten und hält so die Shiva weit von der Mauer entfernt. Dies passt ja perfekt! Wir lesen die nächsten 48h nun Böenspitzen von über 40kn auf dem Windmesser, sind aber hier gut versorgt.

Am nächsten Tag mieten wir uns einen Roller um die doch recht grosse Insel zu erkunden. Der Wind macht uns zwar etwas zu schaffen, und kalt ist er zu allem Elend auch noch. Doch es wird insgesamt ein spannender Tag mit vielen Sehenswürdigkeiten, insbesondere das Nonnenkloster der Agia Panagias, eines der grössten Heiligtümer der Griechisch-Orthodoxen, eine Landschaft voller Granit-Boulders (aka Tafoni) um den Ort Volax und viele weitere malerische Dörfer mit engen Gassen, endlos vielen Kirchen. Manche waren richtiggehend an die steilen Hänge der Küste hingeklebt worden, offenbar weil dort Marmor abgebaut werden konnte. Trotz des eigentlich schlechten Wetters geniessen wir den Aufenthalt auf dieser Insel sehr. Und auch kulinarisch kommen wir auf unsere Rechnung und entdecken leckere griechische Spezialitäten. Vom letzten Jahr her wussten wir ja bereits, wie gut und günstig das Essen hier ist, also haben wir vor Abfahrt in Aigina unsere Vorräte erst relativ moderat aufgefüllt. Dies hat sich soweit bestens bewährt. Nachdem wir ein Schweizer Rentnerpaar aus Diessenhofen beim Insel-Wandern innert dreier Tage bereits zum vierten Mal begegnet sind, essen wir gemeinsam in einer urgemütlichen Taverna in der Altstadt, deren Gasse nur unwesentlich breiter ist als die dort aufgestellten Tische. So lernen wir nochmals einiges über sehenswerte Inseln, die wir uns für die Weiterfahrt vormerken.

So, genug für heute. Über unsere Erlebnisse auf dem Dodekanes berichten wir dann nächstes Mal.

This Post Has One Comment

  1. Thomas H.

    Toller Bericht, vielen Dank. Habe soeben gelesen, dass der Kanal von Korinth ab 1. Juni wieder temporär geöffnet ist.
    Beste Grüsse, Thomas H.

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