Stippvisite in den Grossen Antillen

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Nach den zahlreichen kleinen Inseln, die fast immer in Sichtweite voneinander lagen, standen uns nun zwei der grossen bevor, Puerto Rico und Hispaniola. Die Zeit scheint zu fliegen und vergeht viel zu schnell, wohl auch, weil ich die Entfernungen hier schlicht unterschätzt habe. So hatte ich wohl etwas zu knapp disponiert, mussten doch nun etliche Überfahrten mit grösseren Entfernungen bewältigt werden. Da sowohl die Rückkehr von Brigitt ab Nassau fix gebucht, als auch die Passage über den Atlantik auch schon fest geplant sind, bleibt kein Spielraum um einfach mal noch ein paar zusätzliche Tage einzuschieben. Aber zum Glück habe ich nun doch noch ausreichend Crew für die Passage von den Bahamas via Bermudas zurück zu den Azoren gefunden, sodass zumindest diese Sorge sich nun erledigt hat.

Puerto Rico Mainland

Von Vieques stand uns eine erste längere Passage von 73NM bevor. Leider sassen wir in einer Flaute fest, sodass wir fast die ganze Strecke unter Maschine zurücklegen mussten. Welche Erleichterung, dass unsere gute Nanni im Moment so zuverlässig startet und dann wie eine Nähmaschine beständig, gleichmässig  vor sich hin tuckert und dabei doch knapp 6kn Fahrt hinbekommt. Kurz vor Sonnenuntergang ankern wir vor dem Yachthafen in Ponce. Eine Anfrage in der Marina nach einem Liegeplatz wird mit 2USD pro ft beantwortet, also knapp 100USD pro Nacht, also lehnen wir dankend ab und bleiben vor Anker. Allerdings wird es recht mühsam, da die Marina des PYFC das Anlegen mit dem Dinghy nicht duldet (trotz erst anderslautenden Zusagen) und uns auf die Suche nach einem alternativen Platz für ein sicheres Anlanden schickt. Die meisten anderen Stege sind von den Hurricans immer noch zerstört. Schliesslich finden wir beim traditionellen Fishing Club freundliche Aufnahme.

Wir nehmen uns ein Mietauto für 4 Tage um einerseits einzukaufen und andererseits die Insel zu erkunden. Hier ist alles sehr US-amerikanisch: gut ausgebaute, mehrspurige Strassen, gigantische Shopping Malls und Supermärkte mit einer riesigen Auswahl zu für uns günstigen US-Preisen. Aber eben, alles ist weit verstreut und damit ohnehin nur mit einem Auto zu erreichen. Bei einer Propantankstelle können wir den Glaszylinder wieder günstig auffüllen. Allerdings müssen wir erst alle Varianten von mitgeführten Adaptern durchprobieren, bis schliesslich Dish funktionierte (also jener für Autogas). Nun sollte dies bis zu den Azoren vorerst ausreichen.

Old San Juan

Nachdem diese Dinge erledigt sind, wir uns mit einem deftigen Essen in einem jener typischen US-Steakhouse-Ketten gestärkt (oder doch eher abgefüllt?) hatten, konnte das touristische Programm beginnen. Zuerst ging es quer über die Insel zur Hauptstadt San Juan. Die historische Innenstadt liegt auf einer Halbinsel, ist eingefasst von den beiden Festungen San Cristobal und El Morro und weitgehend von einer noch intakten Stadtmauer umgeben. So stöbern wir fast den ganzen Tag durch die historischen Gemäuer, geniessen die Ausblicke über die Bucht und die Stadt. Zum Glück ist alles derart weitläufig, dass die Tausende von weiteren Touristen der drei (!) gleichzeitig am Steg liegenden Kreuzfahrtschiffe zumindest für uns zu keinem Dichtestress führen. Die Festungen sind dank den Bemühungen des National  Park Service in sehr gutem Zustand und die Eintrittspreise einladend günstig (7USD für 2 Tage). Der Besuch hier hat sich echt gelohnt.

El Yunque NP

Wie bei uns üblich, war der nächste Tag dem höchsten Berg der Insel gewidmet, dem Vulkankegel El  Yunque, der in einem National Forest gelegen ist. Leider stellen wir bei Ankunft dann fest, dass bis auf wenige Ausnahmen alle Trails im Park aufgrund der Sturmschäden immer noch gesperrt sind. Zu unserer Freude ist zumindest der Trail hinauf zum Gipfel begehbar und so kommen wir wieder einmal zu einer kleinen Wanderung. Diese führt durch einen Regenwald mit ganz anderem Charakter als bisher, uns schien er fast etwas eintönig vom Bewuchs her. Dies mag vielleicht auch noch die Folge der Hurricans sein, die beim Durchzug so ziemlich das gesamte Laubwerk ausgerissen und die grössten Bäume wohl gefällt haben wird. So sieht man hier nun überwiegend Palmen. Die Strasse die wir uns für eine Rundtour zurück vorgenommen hatten ist seit Jahren infolge eines Erdrutsches gesperrt. Aber auch auf der alternativen Route endet der Fahrweg dann plötzlich an einem Erdrutsch. Wir fragen uns durch und finden schlussendlich auf vielen Umwegen dann doch noch ins Tal. Dank  Maps.Me können wir uns jeweils recht gut orientieren, haben aber trotzdem keine Gewähr, nicht in einer Sackgasse zu enden.

Cabo Rojo, Boqueron und Mayaguez

Schliesslich besuchen wir die Salinen am Cabo Rojo, der SW-Spitze von Puerto Rico. Am nächsten  Tag füllen wir günstig die Dieseltanks wieder auf und setzen Segel für die Weiterfahrt nach Nordwesten. Diesmal segeln wir am Cabo Rojo vorbei und ankern dann in der Bahia de Boqueron. Kurz nach der Einfahrt hinter das Riff setzt ein heftiger Regenschauer ein, man sieht gleich gar nichts mehr. Nun, zumindest ist es die Gelegenheit, endlich wieder einmal das Deck mit Süsswasser zu schrubben und eine Dusche zu nehmen, erst noch ganz ohne zusätzliche Kosten! Boqueron ist eine grosse Bucht mit sehr schönem Sandstrand. Wir treffen auf ein Wochenende, also ist dort Hochbetrieb mit ganzen Sippen unter Partyzelten, riesigen Kühlboxen und lauten Musikanlagen. Puerto Rico ist schliesslich einer der bedeutendsten karibischen Hit-Lieferanten (zB. Despacito, Vamos a la Playa, …) und der Grund wird einem bald klar: die Bevölkerung liebt diese Musik und wird ihrer nicht müde.

Vor der Überfahrt in die Dominikanische Republik müssen wir erst Ausklarieren, allerdings geht dies nur in Mayaguez, in der nächsten Bucht weiter nördlich. Diese ist riesig und sehr flach, als müssen wir recht weit draussen ankern bei trotzdem nur 1.5m Wassertiefe. Landestellen für’s Dinghy gibt es keine (mehr) und wegen dem erheblichen Seegang trauen wir uns nicht einfach an den Strand zu fahren. Schliesslich lernten wir in den Kapverden, wie schnell man kentern kann und wie mühsam es wird, bis danach der Aussenborder wieder läuft. So landen wir in der Flussmündung auf einer Sandbank. Der Zöllner ist sehr freundlich und hilfsbereit, alles ist schnell erledigt. Er bestätigt unsere Wahrnehmung bezüglich Landeplatz fürs Dinghy. Nun, zumindest administrativ und bezüglich Kosten sind die USVI und Puerto Rico für Cruiser ein guter Ort: tiefe Kosten (gut, abgesehen vom erforderlichen US-Visum, das auf dem Konsulat eingeholt werden muss) und zuverlässige, effiziente Bürokratie vor Ort.

Republica Dominicana

Wir erwarteten den Besuch von unserem Sohn David mit Kollegin an Bord. Sie hatten ihren Flug nach Punta Cana gebucht. Allerdings erschien uns bei der Planung dieser Passage dann Punta Cana als ungeeignet zum Anlaufen, denn bei Starkwind kommt man nicht mehr hinein und die Marina ist erneut sehr teuer, da in einem Luxusresort gelegen. Als sicherer, ruhiger Hafen an der Nordküste bleibt somit allein die riesige Bucht von Samana übrig.  Schliesslich wird aus der gefürchteten Querung der Mona Passage eine etwas öde Motorbootfahrt, denn erneut hat sich der Wind verabschiedet. Von den 139NM müssen wir 15h unter Maschine zurücklegen, aber siehe oben, zum Glück arbeitet diese ja geduldig und zuverlässig.

Einklarieren in Samana

Das gemäss Berichten befürchtete aufwändige Einklarieren mit einer Horde von gestiefelten Beamten in Uniform, die allesamt an Bord kommen und mit Trinkgeldern besänftigt werden müssen, stellt sich als Geschichte heraus. Ein Uniformierter kommt in einem Dinghy zusammen mit einem Vertreter der Hafenbehörde an Bord, blickt sich um und knipst Flaggenschein und Pässe. Danach sollte es zusammen mit dem Skipper an Land zu den diversen Behörden gehen. Deren Aussenborder streikt und lässt sich nicht mehr starten. Also schleppe ich die beiden mit unserem Dinghy zurück an den Steg. Nach knapp zwei Stunden ist der Papierkram mit vier Behörden (Commandancia, Immigration, Customs und Port Authority) erledigt und die Bordkasse um 125USD ärmer. Unerklärlicherweise wird eine Hafengebühr von 31USD erhoben, selbst wenn man vor Anker liegt, aber was soll’s. Zuvor erschien mir die Einreise noch als gefährlicher Spiessrutenlauf, verlief jedoch nun erfreulich glatt.

Ausflug nach Punta Cana (…und Wegelagerer)

Wir mieten ein Auto für zwei Tage, füllen unseren Proviant nochmals gehörig auf, speziell in Anbetracht des voraussichtlich knappen und teuren Angebots auf den Bahamas. Auch gönnen wir uns ein Abendessen an Land, das ultra lecker schmeckt und angemessen kostet. In Samana können wir endlich wieder einmal ordentlich mit dem Dinghy anlanden und dieses auch am Steg lassen (wenn auch angekettet, wie schon bisher üblich). Am nächsten Tag fahren wir quer über die Insel bis nach Punta Cana, um David und Chandra abzuholen. Dies bedeutet 320km Fahrt pro Weg, zum grossen Teil auf zweispurigen Strassen. Nun, wir machen uns morgens um 06h auf den Weg. Liebenswürdigerweise bringt uns Detlef an Land, der deutsche Skipper der Yacht, die neben uns ankert. Damit müssen wir uns für diesen langen Tag keine Sorgen ums Dinghy machen. Auf der Rückfahrt wollen wir in Boca Chica etwas essen. Vor der Stadt führt eine Horde von bewaffneten Uniformierten eine Verkehrskontrolle durch. Wir werden zur Seite gewinkt, einer der Offiziere schaut ins Wageninnere und befindet, dass wir eine Busse zu zahlen hätten, weil jemand auf dem Rücksitz nicht angegurtet gewesen sei. Diskutieren ist ziemlich nutzlos, schliesslich stehen uns immer noch 200km Fahrt bevor, aber zumindest reduziert sich der Bussenbetrag dann um 10USD. Wir lassen zähneknirschend 80USD liegen, und dürfen danach unbehelligt weiterfahren, selbstverständlich ohne Ticket. Dies ist schlichte Wegelagerei wie ich sie bereits aus Berichten zur DomRep angetroffen hatte. Durch dummen Zufall hat es uns also auch erwischt. Ich ärgere mich nochmals, als die Behörde für das Enrolment von David und Chandra auf der Shiva nochmals 30USD pro Person verlangt.

Die Fahrt durchs Land ist eher deprimierend. Unmengen von Abfall säumt die Strassen, die Leute sind meist bitterarm. Ein wunderschönes Bild geben die Kirchgänger am frühen Morgen ab, die mit Palmwedeln zum Gottesdienst strömen. So werden wir daran erinnert, dass Palmsonntag ist.  Im Kontrast dazu stehen dann die zahlreichen Luxus-Resorts, sowie die Partymeilen entlang der Strände in Punta Cana. Aber trotz allem, die Leute sind in der Regel nett und hilfsbereit.

Bahia de San Lorenzo (Los Haitises)

Wir verlegen mit der Shiva in die Bahia de San Lorenzo, einer schönen Bucht innerhalb des Nationalparks Los Haitises. Diese liegt auf der gegenüberliegenden Seite der Bahia de Samana, etwa 15NM entfernt. Hier ist es im Gegensatz zur als Hafen deklarierten Ankerbucht vor Samana ruhig und schön. Mit dem Dinghy erkunden wir diverse Passagen zwischen den Mangroven zu den dort als Touristenattraktion deklarierten Höhlen. In der Bucht leben hunderte von Pelikane, offenbar ist diese sehr fischreich. Bei der Rückfahrt angeln wir in der Tat auch selber noch eine ordentliche Makrele, die zum Abendessen in der Pfanne landet.

Am Abend vor unserer Abfahrt kommen schliesslich auch Detlef und Regina mit ihrer Yacht hinüber und ankern gleich hinter uns. So feiern wir den Abschied bei gehörigem Rum Punch als Sundowner und stossen auf ein hoffentliches Wiedersehen auf den Azoren an.

Mein Fazit ist, dass die DomRep eigentlich kein lohnenswertes Ziel für Fahrtensegler ist. Sie bietet nur wenige geeignete Anker-/Hafenplätze, verlangt dafür jedoch recht hohe Gebühren. Und administrativ mühsam wird, dass für jede Passage selbst innerhalb des Landes eine schriftliche Freigabe (Despacho) eingeholt werden muss. Ich tat es pflichtbewusst selbst für den lächerlichen Hupf von 15M zu den Haitises, weil die Commandancia es verlangte…

Passage nach Grand Turk

Also machen wir uns auf den Weg zu den Turks & Caicos, sowie nachfolgend den Bahamas. Die neue Crew ist mittlerweile ja etwas eingewöhnt, also können wir die 210NM lange Passage angehen. Wir starten früh am Morgen in der Bahia de San Lorenzo, klarieren in Samana aus und motoren noch aus der Bucht östlich heraus. Danach finden wir guten E-Wind und segeln so in flotter Fahrt mit meist über 7kn über die Wellen. Am Abend beisst ein kapitaler MahiMahi an, den David und ich nach einiger Zeit erfolgreich an Bord hieven. Dies war unser bisher grösster Fang, 108cm lang und nach dem Ausnehmen etwa 3kg bestes Fischfilet fast ohne Gräten. Sinnigerweise waren wir mit dem letzten uns verbliebenen Köder erfolgreich, den ich bereits im Müll entsorgt hatte, weil er so schäbig aussah. In rascher Folge verloren wir unsere neuen Köder an offenbar zu grosse Fische für unsere Angel. Also holte David diesen letzten Köder wieder aus dem Abfall, warf ihn aus und hatte Erfolg.

Bei gutem Wind und flotter Fahrt und sternenklarem Himmel war diese Nachtfahrt für einmal genüsslich. Abgesehen von Chandra, sie litt noch etwas unter Seekrankheit. So verging in Ablösungen zu Dritt die Nacht entspannt und am nächsten Nachmittag erreichten wir bereits Grand Turk, eigentlich früher als befürchtet. 210NM in 30h ist doch ein sehr ansehnlicher Schnitt.

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