Zurück nach Italien – 2000M in drei Wochen!

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Passage Azoren – Gibraltar

Nach dieser doch recht langen Zeit auf den Azoren (wir kamen mit der Shiva am 03.06. in Horta an) stand nun die Überführung ins Winterlager an. Mittlerweile war der Entscheid gefallen, dass wir wieder zur selben Werft in Italien zurückkehren, bei der wir schon 2016/17 lagen. Allerdings bedeutete dies auch deutlich mehr Strecke gegenüber einem Winterlager im Süden von Portugal wie z.B. Olhao oder Vilamoura.

Dank einer Anfrage in Andi’s Seglergemeinde kam Adrian als Unterstützung für diese lange Passage an Bord. Die Windprognose liess ein sofortiges Ablegen am Samstag 27.07. als angezeigt erscheinen, andernfalls hätten wir riskiert, in einer Flaute stecken zu bleiben. So verabschiedeten wir uns von Christoph und Antoinette, unserer letzten Crew, stockten Proviant und Wasser auf, bis es bereits „Leinen los“ hiess. Da der Generator nicht funktionierte, musste ich dem Batterie-Management wie auch dem Süsswasserverbrauch mehr Beachtung schenken.

Erfreulicherweise konnten wir gleich ausserhalb der Marina Segel setzen und in ruhiger Fahrt südlich an Sao Miguel vorbeiziehen. Allein, am Abend verliess uns der Wind kurzzeitig, sodass dort nochmals die Maschine einspringen musste. Vor Mitternacht setzte dann der erwartete Wind aus WNW ein, drehte allerdings dann rasch auf N, später sogar auf NNE. Dies bedeutete, dass wir mit dicht geholten Segeln hart am Wind laufen mussten. Dies bedeutete Wellen von schräg vorne (also unruhige Fahrt), sowie relativ viel Lage, selbst bei stark gerefften Segeln. Jedoch gewöhnten wir uns recht bald an diese Situation, freuten uns am Wind und machten gute Fahrt meist zwischen 6 und 7kn.

Dies sollte dann für die nächsten 6 Tage so bleiben. Wir hatten am ersten Tag in Erwartung dieser nördlichen Winde möglichst viel Strecke nach Norden gemacht und konnten danach einen etwas günstigeren Kurs nach E oder sogar ESE laufen. Dass der Wind aus N kam und wir nach E laufen mussten, bedeutete Krängung nach Steuerbord, was bezüglich Schlafen in der Vorschiffkoje als auch Kochen ungünstiger war. Zu Dritt liess sich dies aber gut verkraften, es war ja auch nicht mehr unsere erste lange Passage. Zur Not schlief halt jemand auch einmal im Salon auf der Bank an Steuerbord. Der Wind blieb 5 Tage lang konstant bei Stärke 4-5 und gestattete konstantes Segeln. Erst in der 6. Nacht, als wir das Cabo Sao Vicente an der Südwest-Spitze von Portugal erreichten, frischte er für einige Stunden auf F7 auf (32kn). Da wir aber immer noch ausreichend weit im Norden lagen, konnten wir dieses Teilstück mit Raumschot-Kurs ablaufen und erreichten so Geschwindigkeit über 8kn und dies fast ohne Lage (weil Wind achterlich)! Als zusätzliche Herausforderung galt es ein ausgedehntes Verkehrstrennungsgebiet (TSS) mitten in der Nacht zu kreuzen, was aber dank AIS recht problemlos gelang.

Gegen Mittag in der Baia de Cadiz verliess uns der Wind, das Meer wurde nach und nach spiegelglatt. So mussten wir schliesslich, abgesehen von einem kurzen Unterbruch unter Genaker, die restliche Strecke von gut 100M unter Maschine zurücklegen. Die Strömung sog uns am nächsten Vormittag regelrecht ins Mittelmeer hinein und wir erreichten gegen Mittag Gibraltar. Wir füllten alle Tanks einmal mehr mit extrem günstigen Diesel (0.62£/lt). Danach machten wir in der Queensway Quay Marine fest, fast am selben Ort wie vor 3 Jahren bei der Ausfahrt aus dem Mittelmeer.

Dies ist damit unsere 3.längste Passage geworden, die wegen der Lage (also dem Krängen des Schiffs) etwas anstrengender war. Aber  zu Dritt hatten wir diese recht entspannt bewältigt, kamen zu ausreichend Schlaf und hatten durchwegs gute Stimmung an Bord. Der Wasserverbrauch war sehr bewusst und lag unter 30lt pro Tag, sodass wir bei Ankunft immer noch den halben Vorrat hatten. Hingegen stieg auf halber Strecke der Laderegler der Sonnenpanels aus, sodass unter Segeln nur noch der Schleppgenerator einen Beitrag an die Batterien leistete. Zumindest lief der zuverlässig und für einmal ging auch kein Propeller mehr verloren.

Stopover beim Affenfelsen

In Gibraltar stiess Christoph, ein Segelfreund von Adrian, als viertes Crew-Mitglied für die restliche Überführung nach Italien hinzu. Die Windprognose sah für die Weiterfahrt eh nicht besonders günstig aus (weil nichts bis wenig vorhanden), zudem hatte ich nach 7 Tagen auf See das Bedürfnis nach etwas Ruhe und Erholung. Also gönnten wir uns gutes, ausgiebiges Essen, bei dem man für einmal Teller und Besteck nicht ständig festklammern musste, sowie die Erkundung der Altstadt und des imposanten Rock’s (oder eben Affenfelsen).

Wir stiegen am nächsten Morgen relativ frühzeitig zu Fuss die steile Treppe entlang der Mauer bis zum Gipfel des Rock’s hinauf, genossen die Aussicht über die riesige Bucht von Gibraltar, sowie hinüber nach Afrika und den regen Verkehr im Straight. Als wir uns auf dem Gipfel zu einem Gruppenbild zusammenstellen wollten, klaute mir natürlich prompt ein vorwitziger Affe die Tüte mit dem mitgebrachten Proviant aus dem Rucksack … ich hätte es ja wissen können!

Passage nach Italien

Wir hatten nun eigentlich 10 Tage Zeit bis nach Italien, also planten wir mit einigen Zwischenstopps.  Die erste Etappe brachte uns in gut 2 Tagen bis nach Alicante. Nach dem Auslaufen in Gibraltar setzten wir gleich die Segel und liefen bei recht gutem Wind unmittelbar vor dem Bug der berüchtigten „Grace I“ vorbei (also dem dort festgehaltenen iranischen Tanker). Leider hielt der Wind danach nicht allzu lange, bereits am Nachmittag mussten wir die Maschine zu Hilfe nehmen und dies hielt die ganze Nacht hindurch bis zum nächsten Nachmittag an. Als endlich wieder etwas Wind einsetzte, versuchten wir uns erst mit Genaker, später gar wieder mit Genua voranzubringen. Am nächsten Tag liefen wir in Alicante ein, etwas frustriert dass von den 305M Strecke nur gerade 92 gesegelt werden konnten. Zumindest lief die Maschine, unsere Nanni, weiterhin sehr zuverlässig  während 37h.

Bereits am nächsten Tag ging es wieder weiter, nachdem wir nochmals den Tank nachgefüllt hatten (diesmal allerdings für 1.23EUR/lt). In einer  recht ruhigen Nachtfahrt, mit meist schwachen, drehenden Winden legten wir 175M nach Mallorca zurück. Diesmal brachten wir es zumindest auf 104M unter Segeln, brauchten aber wieder 14h unter Maschine. Die Bucht von Puerto Soller war einmal mehr dicht überstellt mit Yachten, wir fanden schliesslich doch noch eine ruhige Ecke mit gutem Halt.

Die aktualisierte Windprognose liess ein Aufkommen von heftigem Mistral (bis F8!) in zwei Tagen erwarten, was eine rechtzeitige Überfahrt nicht mehr gestattet hätte. Wohl oder übel mussten wir also bereits am nächsten Tag wieder weiter. Wir hielten also Kurs in Richtung der Inseln vor Hières in Südfrankreich und konnten die ersten Stunden bis zum Abend auch segeln. Danach drehte der Wind in eine für unser Ziel ungünstige Richtung und blies genau gegenan, aber zumindest nicht sehr stark. Also liefen wir halt einmal mehr unter Maschine durch die Nacht und durch den ganzen folgenden, praktisch windstillen Tag hindurch. In der Nacht erreichte uns der östliche Ausläufer des einsetzenden Mistrals, dies hielt allerdings nur bis zum Morgen an. Wir waren zumindest rechtzeitig an dieser Gefahr vorbeigekommen, waren nun aber vielleicht etwas zu weit im Osten, als dass wir zumindest noch etwas Wind hätten mitnehmen können. Über das Ligurische Meer trafen wir dann nochmals einen halben Tag etwas Wind an, jedoch meist lag das Meer spiegelglatt vor uns. Gelegentlich besuchten uns wieder Delfine, über längere Zeit konnten wir sogar einen Schwarm Thunfische beobachten, der an der Oberfläche  jagte. Vereinzelt sprangen Fische durch die Luft, längere Zeit folgte uns ein ordentliches Exemplar direkt neben dem Schiff. Ich brachte zwar die Angelleine gleich aus, jedoch war unser Köder vielleicht doch zu wenig attraktiv.

Nach drei Tagen erreichten wir Vernazza in den Cinque Terre, nochmals 423M absolviert, wovon wieder nur gerade 162M gesegelt. Während der ganzen Reise (abgesehen von der Fahrt durch die Kanäle in Holland) hatten wir nie ein derart schlechtes Verhältnis zwischen Segeln und Motor wie auf diesem letzten Teilabschnitt im Mittelmeer. Vor Vernazza schafften wir es trotz dem Seegang gleich auf Anhieb an einer Moorings festzumachen. Allerdings erschien unserer Crew die See schliesslich zu unruhig für einen Landgang. Also mussten wir auf das trickreich reservierte Abendessen an schönster Aussicht verzichten und verlegten stattdessen im Sonnenuntergang in die Bucht bei Porto Venere bei La Spezia, wo es stattdessen bord-gemachten Risotto ai Funghi im Cockpit gab.

Brigitt reiste schliesslich am Donnerstag per Bahn von La Spezia aus zurück in die Schweiz, da das neue Schuljahr nun bevorstand. Mit Adrian und Christoph verlegte ich dann am „Feragosto“, dem italienischen Nationalfeiertag, in die Werft bei Bocca di Magra, wo diese Reise in 2017 ihren Anfang genommen hatte.

20‘000M im Kielwasser

Seit dem Einwassern in Kiel am 17.04.2018 bis nach Italien am 15.08.2019 hat die Shiva nun 15‘080M zurückgelegt, davon 11‘028M unter Segel (73%) und 4‘052 unter Maschine. Nimmt man die Strecke aus 2017 hinzu, die uns von Italien nach Kiel führte, kommen nochmals 4’994M hinzu, insgesamt also 20‘074M.

Dies ist doch schon fast die Strecke einer Weltumsegelung … Mal sehen, ob wir dies wirklich auch noch in Angriff nehmen wollen. Jetzt lassen wir dies erst mal setzen und versuchen die vielen Eindrücke zu verdauen.

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